Die Mitte

Mitgefühl als Weg zur Mitte

Die Liebe ist die Mitte von allem. Im Menschen wie im Wirken Gottes. Und von der Mitte her breitet sie sich aus wie eine Flamme. Wer sich die Liebe ganz zu eigen macht, der wird in keiner Richtung fehlgehen. Den die Liebe ist die Mite von allem. Sie ist die Seele und das Auge. Sie rundet den Lauf der Welt und verwirklichst das Gute.  Hildergard von Bingen

 

Bedeutet Leben automatisch Leiden ?

Können mir Religion und Philosophie helfen Leid zu überwinden?

 

Das Ausmaß des Leids erkennen

Wir alle haben als Menschen das natürliche Verlangen, glücklich zu sein und den Wunsch, kein Leid zu erfahren.  Doch unsere komplizierte menschliche Natur und die Summe all unserer Erfahrungen birgt noch ganz andere Möglichkeiten in sich. Denken wir nur an die 90 % ungenutzter Hinkapazität. So machen wir einerseits Erfahrungen die mit unserem Körper verbunden sind hauptsächlich durch unsere Sinnesorgane zustande kommen und Erfahrungen, die  sich eher auf das, was man als das Bewusstsein oder den Geist bezeichnen kann beziehen. Auf der Ebene der physischen Erfahrung besteht zwischen uns und anderen Lebewesen kein großer Unterschied. Aber wir Menschen können durch unsere kraftvollen geistigen Erfahrungen in Form von Gedanken, Emotionen und den Reflexionen uns selbst in besonderer Weise erfahren. So entsteht unser reales Lebens dort wo unsere Sinne uns berühren und uns so Erfahrung ermöglichen. So sind die Sinne ein Geschenk das einzigartiges Wahrnehmen aus unterschiedlichsten Standpunkten ermöglicht. Vielleicht ist das ein weiterer Sinn unserer Existenz, das sich das Universum über unsere Sinne und Erfahrungen selbst erfahren will.

 

Sinne sind Geschenke die man feiern sollte. Reales Leben besteht nur da wo mich mein Atem berührt       Bernhard Steuernthal

 

Glück und Leid aus buddhistischer Sicht.

Der buddhistischen Philosophie zufolge entstehen Gedanken und Emotionen großenteils aufgrund von früheren Gewohnheiten und von Karma. Aus beidem gehen die gedanklichen und emotionalen Tendenzen eines Menschen hervor die  wenn wir sie ungeprüft und ungezügelt gewähren lassen unweigerlich zu unsäglichen Problemen und Krisen, zu Leid und Elend führen. Aus diesem Grund müssen wir uns die bewusste Disziplin zu Eigen machen, indem wir das entsprechende Gegenmittel stärken: Liebe in Form von Mitgefühl.

 

Mantras wie „Möge keine Wut in mir aufflammen, oder möge ich von Hass frei sein“ wie sie besonders von den Tibetern zelebriert werden können zwar hilfreich sein aber letztlich sind sie doch nur das Sahnehäubchen auf dem „Misthaufen“ wenn es nicht gelingt ein Bewusstsein für die ursächlichen Tendenzen in uns zu erlangen. Der Dalai Lama betont an dieser Stelle immer wieder, dass wir uns immer wieder alle erdenkliche Mühe geben müssen, ganz bewusst eine Disziplin einzuhalten, eine geistige Disziplin, die  überall in unserem Leben zur Anwendung kommen muss. Die bloße Einsicht in diese Notwendigkeit reicht allerdings nicht aus genauso wenig wie der schlichte Wunsch, über mehr Liebe und Mitgefühl zu verfügen. Unablässig, immer wieder aufs Neue, müssen wir uns aus seiner Sicht bemühen, unsere positiven Seiten weiter zu entwickeln. Den Schlüssel dazu liefern uns der beständige Umgang mit ihnen und das Wissen um die positiven Auswirkungen auf unser Herz und unseren Geist. Viele tiefgründige Ebenen spiritueller Verwirklichung sind das Ergebnis von Wissen, Einsicht, Verständnis und Mitgefühl und damit der Schlüssel zur persönlichen Selbstvervollkommnung.

 

Schmerz und Bewußtsein

Der Schmerz ist ein heiliger Engel, und durch ihn sind Menschen größer geworden als durch alle Freuden der Welt   Adalbert Stifters

 

Wir alle kennen den Schmerz in irgendeiner seiner vielen Formen. Für viele beginnt das Leben mit Schmerz ebenso wie es in Schmerz enden kann. Es scheint als sei er  ein treuer Begleiter unseres Lebensweges. Mal ergreift er uns als leiblicher Schmerz überraschend, mal laut warnend und zwickend mal leise dumpf und mahnend, mal ist er überwältigend und niederreißend.

Die Begegnung mit Schuld und Versagen, mit eigenen Fehlern und Versäumnissen, die erschütternde Stimme des Gewissens, die aufwühlende Einsicht in die unausweichliche  Notwendigkeit der Selbstveränderung, all dies sind ebenfalls Ausdrücke einer Art von Erkenntnisschmerz. Sie alle sind nicht vergleichbar, sie wiegen für den Betroffenen  schwer.

Schmerz ist immer ein tief seelisches Erleben das unser ganzes Wesen anspricht. Er ergreift und formt unsere Seele in unterschiedlichen Variationen. Eine seiner Eigentümlichkeiten besteht darin, das er uns leiblich bindet an die Gegenwart während er uns seelisch oft mit der Vergangenheit konfrontiert. Auf geistiger Ebene fordert er uns auf die Zukunft zu verändern. Durch den Schmerz ist das Bewusstsein plötzlich auf einen Teilbereich ausgerichtet, dem es zuvor keine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Schmerz führt demnach zu erhöhter Bewusstheit und ist dabei ein ganz individuelles Wahrnehmen und Selbsterkennen höchsten Grades. Er gibt uns die Möglichkeit seinen Ursprung zu reflektieren und ihn in einen größeren Lebens-und Sinnzusammenhang zu integrieren, anzunehmen und dadurch zu bewältigen. Auch wenn dies dem Betroffenen unter dem erstickenden Eindruck der Sinnlosigkeit kaum hilft, so macht doch die Einordnung des Geschehens -mit Hilfe des Arztes- aus dem Leid eine Botschaft die ihm einen übergeordneten Sinn verleiht.

So wird  das Bewusstsein unweigerlich die Erkenntnis erkennen das Leben Sterben bedeutet, Besitzen zugleich Verlieren und das selbst die Gegenwart der Dinge bereits den Abschied in sich tragen. Selbst Glück kann nur vor dem Hintergrund von Schmerz und Leid erfahren werden. Das lässt aber auch erkennen, dass wiederum Sterben Leben bedeutet und das sich im Schmerz die Kraft der Erkenntnis, der Wandlung und des Glücks verbirgt. Daher ist mit jedem Schmerzerleben ein tiefer Sinn verbunden: Lerne und erkenne dich selbst durch Leid. Das Helfende kann für einen Leidenden gerade in diesem Schmerzerlebnis liegen. Der Schmerz wird so zu einem weisheitsvollen Lehrer.

Ein weiteres lehrt er unweigerlich. Nur wer Leid kennt, kann Mitgefühl für andere aufbringen. Das Mitgefühl wiederum ist es was den Menschen über sich hinaus trägt.

 

 

Nur wer Leid kennt wird ein Mitfühlender anderer denn Mitgefühl wird aus dem Leid geboren

 

 

Religionen – Strukturen zur Überwindung von Leid

Die Fähigkeit aufgrund von Einsicht, bestimmte Methoden anzuwenden, um unser Leid zu überwinden und Glück zu erlangen, ist eine besondere Gabe, die uns Menschen von Tieren unterscheidet. So kam es dass sich im Laufe der Zeit zahlreiche religiöse Systeme von unterschiedlicher Beschaffenheit herausbildeten. Diese Glaubensrichtungen wollen je nach Ort und kulturellem Hintergrund Hilfestellung dabei geben,  Probleme zu lösen und das erstrebte Glück zu erreichen. Zeit, Ort und kultureller Hintergrund erklären die Vielfalt der religiösen Überlieferungen. Eine grundlegende Botschaft an die Menschheit verbindet all diese Religionen: „Sei ein guter Mensch und entwickle Herzensgüte, ein gutes mitfühlendes Herz“. Religion will einerseits ein Heilmittel zum Abbau geistiger Spannung sein andererseits wird sie dem Gesetz der Polarität folgend selbst immer wieder zum Anlass für Zerwürfnisse, Streitigkeiten und Konflikte zwischen Menschen. Eine erstaunliche Tragik der Polarität wie wir täglich in den Nachrichten wenn wir die Kämpfe und Unruhen im Geburtsland des Christentums in Israel und Palästina beobachten.

Unter uns Menschen gibt es ganz unterschiedliche Mentalitäten die dazu führen das die eine Lehre für gewisse Personen wirkungsvoller und passender, für andere Menschen wiederum ist eine andere Religion angemessener und effektiver.  So wie wir unterschiedliche geschmackliche Vorlieben haben und dementsprechend unterschiedliche Speisen bevorzugen so könnte eine Religion allein gar nicht alle Menschen zufrieden stellen. Jede verdient sorgfältig und aufmerksam untersucht zu werden, damit wir zu Verständnis gelangen, das uns hilft, aufrichtigen Respekt für all die unterschiedlichen Ansätze zu entwickeln. Hier bietet sich also ein weites Feld, um zusammenzukommen, zusammenzuarbeiten und uns gemeinsam um Frieden in der Welt zu bemühen. Das wichtigste Ziel der verschiedenen Religionen sollte darin bestehen, positive Empfindungen zu erzeugen, positive menschliche Eigenschaften zu verstärken und negative zu verringern. Daher lehrt uns jede große Religion Liebe, Mitgefühl, Vergebung und ein Gefühl von Zusammengehörigkeit.

 

Das Selbstbild

Das Bild das wir von uns haben prägt sich durch das Urteil das  wir in jedem Moment über uns selbst fällen. Klopfen wir uns innerlich auf die Schulter und haben wir das Gefühl am richtigen Platz zu stehen und dort das zu uns passende zu machen, dann spiegelt sich dies in einer stabilen Mitte. Treffen wir gerne Verabredungen mit uns selbst und sind wir es uns wert uns schöne Momente und Dinge zu gönnen, so spiegelt dies Fülle und ein gesundes Selbstbild  wieder. Ärgern wir uns jedoch oft über uns selbst ( „was bin  ich doch für ein Idiot….“) und nehmen unsere Programmierungen des Mangels überhand reißt uns dies weit aus der Mitte heraus.

Wir dürfen vollen Vertrauens darauf bauen, dass jeder von uns eine einzigartige Identität besitzt, die sich in all unserem Tun ausdrückt. Die Einzigartigkeit die allen Menschen offenkundig ist, wird noch ausgeprägter wenn sich unsere noch verborgenen Fähigkeiten entfalten. Die Erweiterung des Repertoires an Erkenntnis, Gefühlen und Verhaltensweisen, die Vertiefung des Gewahrseins seiner selbst, die Kreativität und der Ausdruck des menschlichen Willens zeugen von unvorstellbaren Möglichkeiten menschlicher Potenz. Dazu kommen die faszinierenden Formen der Verwirklichung einer Identität jenseits des normalen Selbst-bewußt-seins wie sie in allen Kulturen weltweit zu finden sind. Menschen unterschiedlichster Weltanschauungen beschreiben das eine solche Identität das Gefühl des Getrenntseins von anderen mindert, zur selben Zeit jedoch eine stärkere Persönlichkeit verleiht. Man ist mächtiger, selbstständiger und unabhängiger. Diese einzigartige Erfahrung bewirkt charakteristischerweise ein Zusammenströmen von Freiheit und Sicherheit. Wir alle verfügen über ein immenses Wachstumspotential das wir auf der Grundlage von Freiheit und Sicherheit jetzt in Gang setzen können. Keine Kultur hat jemals soviel frei verfügbares Wissen über die Transformationsfähigkeit der menschlichen Natur besessen wie die unsere.

Wir sind mehr als wir glauben und wir können uns  weitaus weiter entwickeln als wir es im Moment für möglich halten. Man denke zunächst nur an z.B. sportliche, musikalische oder künstlerische Höchstleistungen einzelner Individuen die diese aus eigener Kraft mit eisernem Willen, intuitiver Kreativität und grenzenloser Selbstdisziplin hervorbringen.

Vieles deutet darauf hin, daß wir das uns geschenkte Leben bislang nur zum Teil leben. Der wachsende Kontakt zu anderen Kulturen zeigt uns in zunehmenden Maße daß fremde soziale Gemeinschaften mit ihrem Leben ganz anders umgehen und teilweise ganz unterschiedliche menschliche Eigenschaften verstärkt entwickelt haben, während sie andere vernachlässigt oder unterdrückt haben. Diese Beobachtung gibt ebenfalls Anlaß zu der Hoffnung, daß wir alle noch über ein erhebliches Wachstumspotential verfügen.

Diese lassen sich noch um ein vielfaches erweitern , bezieht man sog. „übersinnliche“ oder „paranormale“

Fähigkeiten wie Telepathie, Fremdsuggestion, Geistheilung, Hellsichtigkeit und andere außergewöhnliche Formen der Wahrnehmung und des kommunizierens mit anderen Wirklichkeiten mit ein.

 

Das einfühlsame  Herz

Die grundlegende Bedeutung von „Mitgefühl“ kann nicht deutlich genug betont werden.  Allgemein gesagt sollte es der Wunsch eines jeden Menschen sein, dass Andere frei sein mögen von Leid. Darauf weist der Dalai Lama zu recht immer wieder hin. Es ist eine der tragenden Säulen des Buddhismus und findet in zahllosen Mantras aus gutem Grunde immer wieder Ausdruck.

Mitgefühl motiviert und inspiriert uns zur Ausübung jener  heilsamen Praktiken, die zur Freiheit von Leid führen. Daher sollten wir großen Eifer daran setzen, wirkliches Mitgefühl zu entwickeln. In einem ersten Schritt auf dem Weg zu einem mitfühlenden Herzen müssen wir Einfühlungsvermögen entwickeln, Nähe zu anderen Menschen. Außerdem müssen wir erkennen, wie schwerwiegend ihre Not und ihr Leid sind. Je näher wir uns einem Menschen fühlen, umso unerträglicher finden wir es, wenn der oder die Betreffende leidet. Dabei geht es um Verantwortungsgefühl, um das Gefühl, sich um einen anderen Menschen kümmern und so Nähe entstehen zu lassen. Jeder weiß wie wohltuend es ist, für das Wohl der Anderen zu sorgen da es uns innerlich glücklich und zufrieden macht. Uns muss klar werden, wie sehr Andere uns respektieren und uns mögen, wenn wir ihnen mit dieser Einstellung begegnen. Zugleich sollten wir uns darauf besinnen, welche Mängel dem Egoismus anhaften. Aus Egoismus handeln wir zum Nachteil der anderen und er bringt es mit sich, dass unser gegenwärtiges Glück, unser gegenwärtiger Wohlstand, möglicherweise mehr auf Kosten der weniger Glücklichen auf dieser Welt geht als wir wahrhaben wollen.

 

Vom Glück anderer

Wir müssen erkennen, dass unser Glück und Wohlergehen grundsätzlich auch auf der Mitwirkung anderer Menschen beruhen und sie mehr Anteil daran haben als uns bewusst ist. Wenn wir uns die Häuser anschauen, in denen wir leben und arbeiten, die Strassen, die wir befahren, die Kleidung, die wir tragen oder die Nahrung, die wir zu uns nehmen, so müssen wir einräumen, dass uns all dies von Anderen zur Verfügung gestellt wird. Ohne die Güte so vieler uns unbekannter Menschen hätten wir all diese Dinge nicht zur Verfügung, könnten wir sie nicht nutzen. Würde man die Erde in zwei Teile teilen, so müsste man nach kürzester Zeit feststellen, das auch der eine Teil nicht mehr ohne den anderen so weiter leben und sich entwickeln kann wie bisher. Wir sind über ein unsichtbares Feld alle miteinander verbunden. Nichts was wir tun bleibt ohne Auswirkungen auf alles andere. Wir können in der Familienaufstellung ganz leicht persönlich erfahren  wie eng Familienmitglieder über die Generationen ( auch der verstorbenen) weiter miteinander verbunden sind. So wissen wir auch das Gedanken und Handlungen die auf dem Boden von Achtung, Respekt, Verzeihen, Mitgefühl und Liebe beruhen einen Ruck durch das Sippengewissen bzw. die Familienseele gehen lässt mit heilsamen Auswirkungen auf alle beteiligten. Den gleichen Einfluß hat jeder einzelne von uns, noch mehr aber ganze Gruppen das Bewusstsein der Menschen dieses Planeten zu beeinflussen. Jeder ist aufgerufen an der Veränderung des neuen sich immer schneller entwickelnden globalen Bewusstseins im positiver=bewußterer Weise mitzuwirken. Wie im kleinen so im großen, innen wie außen spiegelt für jeden offensichtlich auch die Internet-und Telefonvernetzung unseres Planeten im äußerlichen nun endlich das wieder was Mystiker und Schamanen der Welt seit jeher wissen. Wir sind auf unsichtbarer Ebene miteinander vernetzt – jetzt auch auf sichtbarer Ebene. Wir können per „mail“über das „world wide web“ persönlichen Kontakt zu Höhlenbewohnern in Tibet ebenso aufnehmen wie zu Gurus in Indien oder Schamanen in Sibirien. Das  Bewusstsein der unsichtbaren und jetzt auch sichtbaren Vernetzung steigert unsere Bewusstheit und damit auch Wertschätzung für Andere, unser Einfühlungsvermögen nimmt zu und wir fühlen uns ihnen näher und verbundener so wie wir auf entsprechender Bewusstseinsebene sowieso alle miteinander eins sind ( was ich dir tue- tue ich gleichzeitig mir…)

Wenn wir uns unserer Macht und unserer Verbindung untereinander  voll bewusst werden könnten wir koordinierte, grundlegende Veränderungen der Vorgänge auf diesem Planeten bewirken und damit unser aller Realität zu einem besseren wenden.

Wenn wir standhaft genug sind, nicht unserem Hang zu einer selbstbezogenen Sicht der Dinge zu erliegen, können wir uns stattdessen eine Sicht aneignen, in der jedes Lebewesen Berücksichtigung findet. Ein fundiertes Verständnis des Leids und seiner Natur lässt uns letztlich auch erkennen, dass die Erfahrung von Ruhm und Reichtum vergänglich sind und die Freude, die sie uns bereiten kann, naturgemäß endet und dann Leid hervorrufen kann.

 

Sobald wir in der Lage sind, unser Einfühlungsvermögen in andere Menschen mit einem gründlichen Verständnis des Leids, das sie erleben zu verbinden, können wir wirkliches Mitgefühl für sie entwickeln. Das erfordert unser ständiges Bemühen. Wir können diesen Prozess mit dem Entfachen eines Feuers durch das Aneinanderreiben zweier Stöcke vergleichen. Wie wir wissen, müssen wir unablässig für Reibung sorgen, um ganz allmählich einen Temperaturanstieg zu erzielen und das Holz zum Glimmen zu bringen, bis es schließlich Feuer fangen kann. Entsprechend müssen wir in dem Bemühen, seelische Qualitäten, wie etwa Mitgefühl zu entwickeln, auch im geistigen Bereich unermüdlich jene Techniken anwenden, deren es zur Herbeiführung des gewünschten Resultats bedarf. Wenn wir hingegen je nach Lust und Laune mal so und mal anders verfahren, bringt uns das nicht wirklich weiter.

 

Meditation um Mitgefühl

Um Mitgefühl zu entwickeln, können wir eine einfache Meditation täglich vornehmen. Zu Beginn der Meditation rücken wir einfach einen bestimmten Menschen (Familie) in den Mittelpunkt unserer Versenkung, dann weiten wir allmählich auf einen größeren Personenkreis aus ( Freunde), bis wir zuletzt alle empfindenden Wesen vor Augen haben und in unseren Wunsch einbeziehen. Dann dehnen wir es auf auf das Leid der Kinder dieser Erde. Denken wir an Waisen, Krebskranke, Hungernde, Missbrauchte, Kinderarbeiter, Kindersoldaten und all die sterbenskranken. Unser Mitgefühl wird sie schnell erreichen.

Doch es genügt nicht, wenn wir uns nur in dieser Zeit auf unser Mitgefühl konzentrieren. Während unserer eher formalen Sitzungen können wir zum Beispiel daran arbeiten, Einfühlungsvermögen und ein Gefühl der Verbundenheit mit ihnen herzustellen. Wir denken vielleicht darüber nach, wie sehr ihnen ihre im Moment vielleicht unglückselige, von Kummer und Leid geprägte Situation zu schaffen macht. Schnell beginnen wir echtes Mitgefühl in uns hervorzubringen. Jetzt  sollten wir es aufrecht erhalten. Wir sollten einfach dieses Mitgefühl erfahren und spüren, um eins gerichtet in dieser Erfahrung zu verweilen, ohne Gedanken nachzugehen oder Überlegungen anzustellen.

Mitgefühl verhilft uns dazu, nicht länger selbstbezogen zu denken. So empfinden wir große Freude und verfallen nie in das Extrem, Glück und Befreiung nur für uns alleine anzustreben. Unablässig bemühen wir uns, die Geistesqualitäten und das Weisheitswissen weiter zu entwickeln und zur Vollendung zu bringen. Mitgefühl darf jedoch nicht mit Mitleid verwechselt werden. Mitgefühl ist weit mehr, denn es beinhaltet nicht nur ein Gefühl von Nähe, sondern auch Verantwortlichkeit. Wenn wir Mitgefühl entwickeln, verhilft uns dies zu innerer Stärke und Selbstbewusstsein. Gefühle von Angst und Unsicherheit hingegen nehmen ab.

 

Das „Sterntaler“ Bewusstsein ( Sternthaler – Gebrüder Grimm)

Es war einmal ein kleines Mädchen, dem war Vater und Mutter gestorben, und es war arm, dass es kein Kämmerchen mehr hatte, darin zu wohnen, und kein Bettchen mehr, darin zu schlafen, und endlich gar nichts mehr als die Kleider auf dem Leib und ein Stückchen Brot in der Hand, das ihm ein mitleidiges Herz geschenkt hatte. Es war aber gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Feld. Da begegnete ihm ein armer Mann, der sprach: "Ach, gib mir etwas zu essen, ich bin so hungrig." Es reichte ihm das ganze Stückchen Brot und sagte: "Gott segne dir's", und ging weiter.Da kam ein Kind, das jammerte und sprach: "Es friert mich so an meinem Kopfe, schenk mir etwas, womit ich ihn bedecken kann." Da tat es seine Mütze ab und gab sie ihm. Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Kind und hatte kein Leibchen and und fror; da gab es ihm seins; und noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab es auch von sich hin.

Endlich gelangte es in einen Wald. Es war schon dunkel geworden, da kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte: "Es ist dunkle Nacht, da sieht dich niemand, du kannst wohl dein Hemd weggeben", und zog das Hemd ab und gab es auch noch hin. Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel und waren lauter harte blanke Taler; und ob es gleich sein Hemdlein weggegeben, so hatte es ein Neues an, und das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es sich die Taler hinein und war reich für sein Lebtag.

 

Die Innere Einstellung und die gelebte Bewußtseinshaltung des Waisenmädchens, wird vom Himmel durch Sterntaler überreichlich „in himmlischer Währung” sowie mit einem schmückenden feinen Seelenkleid belohnt. Das Geben aus Liebe und Mitgefühl zeigt die innere Bewusstheit der Fülle, die wiederum Fülle „als Belohnung“ ( Resonanzgesetz) im Außen anzieht. Jeder Stern ist ein Symbol des Lichts, des Reichtums an Licht und Liebe zu allem was ist.

 

Kapitel 11                    Das zeitlose Bewusstsein

Je stärker das Bewusstsein verfeinert wird, desto größer wird die Übereinstimmung mit der natürlichen Welt  Dalai Lama

          Wenn die Seifenblase blatzt.

Das Gewahrsein für den Augenblick, die Wahrnehmung der feinen Sinne ist einer der wichtigsten Schlüssel um eine stabile Mitte aufrechtzuhalten. Es ist der Augenblick in dem die Seifenblase blatzt. Es ist der Moment in dem wir den Atem spüren. Es ist der Moment wo wir mit allen Menschen dieser Erde über den Atem verbunden sind. Wir alle atmen zur gleichen Zeit, jetzt in diesem Augenblick. Im Augenblick in diesem Bruchteil einer Sekunde ist die Welt in Ordnung  sind die Dinge perfekt so wie sie sind. Die Dinge in uns und um uns sind für den Moment im Gleichgewicht in der Mitte. Alle Gedanken des Sorgens und Müssens sind in diesem Moment nicht existent. Wenn wir uns auf den Augenblick konzentrieren spüren wir eine Gefühlsqualität die unseren Bewußtseinsgrad wiederspiegel. Wenn wir im bewussten Sein sind, wird alles andere um uns herum bedeutungslos. Während wir vorher in der Bewusstlosigkeit ohnmächtig, also ohne Macht waren, so hilft uns der Zustand des Bewußt-seins das Leben aus uns selbst heraus harmonisch und zu uns und unseren Anlagen passend zu gestalten. Im bewussten sein können wir ohne Reibung und ohne kämpfen zu müssen in Freiheit handeln. Es genügt bereits die Aufmerksamkeit auf die Stille, den Atem und das bewusste Sein zu lenken um den Fluß der Wunder des Lebens wieder in Gang zu setzen. Je mehr, je tiefer und je inniger wir uns mit dem Sein verbunden fühlen, desto stärker  sind wir in der Mitte verankert. Wenn es nun gelingt, sich dem Sein nicht nur verbunden zu fühlen sondern sich ihm auch vertrauensvoll zu überlassen, desto harmonischer und passender stellt sich uns unsere Umwelt dar. ( wie innen so außen). Das Gewahrsein dessen was unsere Sinne uns mitteilen hilft uns die Fülle des Augenblicks zu erfassen und zu erkennen, das wir alles bereits haben was wir zu unserem Glück brauchen. Nichts fehlt.

Der perfekte Augenblick

Tief am Grunde des Augenblicks wartet unser wirkliches Sein. So wie die Auster am Boden des Meeres. Ist das Wasser ruhig und klar können wir sie sehen, ist es unruhig und aufgewühlt durch das Geschwätz unserer Gedanken und Nöte, erblicken wir sie nicht obwohl sie weiterhin da ist. Tauchen wir hinab an die tiefsten Stellen der Möglichkeit berühren wir nicht nur die Austernschaale sondern erkennen plötzlich die darin schlummernde wunderschöne Perle. In diesem Moment kommen wir mit unserer ureigensten Göttlichkeit in Berührung.  Dieses bewusste Sein stärkt die Mitte. Aus der Mitte heraus fließt reine Lebenskraft die Erholung, Regeneration und Heilung gewährt.

Dies alles können wir realisieren indem wir unsere Aufmerksamkeit nicht nach außen sondern wie in der Meditation nach innen richten. Das totale Loslassen aller Anhaftungen an Ängste, Sorgen und konditionieren Glaubenssätzen befreit zuvor gebundene Energie die uns nun verstärkt zur Verfügung steht um unser geistig spirituelle Potential zu nutzen und Schöpfer einer neuen Realität zu werden. Die Versöhnung mit dem Hier und Jetzt, das bedingungslose Annehmen dessen was ist schafft Frieden und Freiheit.

Wer denkt ist nicht in Harmonie, denn nur wer in Harmonie ist, denkt nicht daran in Harmonie  zu sein.

Was bleibt zu tun. Wir sollten dem Verstand mangels Qualität zügeln und ihm stattdessen häufiger die Rolle des Beobachters zuweisen. Hier soll er als Zeuge lediglich beobachten ohne einzugreifen, zu urteilen oder zu werten. Jeder so bewusst erlebte Augenblick wird damit zu einem Zaubermittel, zu einer Chance tiefer wahrzunehmen und völlig neue faszinierende Erfahrungen zu machen. Die neue Wahrheit die wir aus der Mitte heraus erfahren sind wir aufgefordert zu leben.

 

Der Taxifahrer
Stellen Sie sich vor, sie besteigen ein Taxi z.B. in Indien. Das Taxi ist ein uraltes abgerundetes sehr lustig aussehendes Gefährt. Ebenso ist der Taxifahrer ein Unikum. Er lacht verschmitzt, trägt einen riesigen blauen Turban und hat die Dudelmusik seines Radios auf voller Lautstärke laufen während er fröhlich mit  dem Kopf schunkelt.

Sie sitzen entspannt auf der Rückbank, die Arme zu beiden Seiten weit ausgestreckt und sie fühlen sich pudelwohl während der Fahrer sie durch Delhi, durchs Leben kutschiert.  Die Fenster sind offen. Mal schauen sie links heraus, mal rechts und beobachten.  Mal lachen sie, mal weinen sie. Sie sind völlig entspannt während draußen die Landschaft, die Menschen, das Leben vorbeizieht. Bereitwillig steigen sie aus wenn der Fahrer das Taxis zum Stehen bringt. Sie tun die Dinge die getan werden müssen, steigen wieder ein und fahren weiter.

 

Sie haben aufgehört den Taxifahrer ständig anzustupsen und zu schütteln, ihm vorzugeben schneller oder langsamer zu fahren, da oder dort abzubiegen und immer wieder anzuhalten weil sie glauben da und dort eingreifen zu müssen. Auch haben sie aufgehört, sich weit aus dem Fenster zu lehnen den Menschen etwas zuzurufen und hier oder dort am Gras zu ziehen in der Hoffnung es wächst dadurch schneller.

 

Nein sie sind zum Beobachter geworden und haben sich dem Fluss des Lebens angepasst. Sie sind voller Vertrauen, dass der Fahrer (Gott= ihr höheres Selbst) zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort anhält und sie die Dinge tun lässt die getan werden müssen. Sie sind der Hans im Glück, der nicht mehr denkt, sondern leichten Sinnes mit einem Bewusstsein gesegnet ist das ihm zur richtigen Zeit alles nötige zur Verfügung stellt.

 

Die Lebenskunst des Tao, des taoistiscchen Weges „in“ der Mitte, gleicht in gewisser Weise dem Märchen von Hans im Glück. Es beschreibt in einfacher aber sehr eindrucksvoller Weise, wie ein Mensch selbst in der heutigen Zeit leben kann, um sich ganz im Einklang mit den Gesetzen der Natur zu bewegen. Zweifellos stellt dies den Menschen in unserer Gesellschaft vor eine immens große Herausforderung.

Gelingt es jedoch nach und nach Aspekte dieser Lebenseinstellung zu übernehmen, so sind Gesundheit, Lebensintensität und Lebensfreude die reiche Belohnung.

 

 

 

Leben ist eine Kette von Loslösungen- jede notwendig auf dem Weg zum Heil.

Die Geburt verlangt Abnabelung von der Mutter, das Heranreifen die von den Eltern, die Lebensmitte vom Getümmel der Welt, der Tot endgültige loslösung (R.Dahlke)

 

 

 

Im Fluß des Lebens

Wer je im Leben eine tief greifende Existenzkrise durchgemacht hat, erinnert sich vielleicht daran, dass die Wende zum Besseren genau in dem Moment eintrat, da man aufgehört hatte zu kämpfen. Aufhören mit sinnlosen Kämpfen, aufmerksam leben im Augenblick, sich nach dem Fluss des Lebens richten, statt sich gegen ihn zu stemmen, das bedeutet „wu wei“. Wörtlich übersetzt heißt es „Nichtstun“ oder „Nichthandeln“, was jedoch nicht bedeuten soll, dass man träge und entschlusslos oder lässig sein soll. Es bedeutet lediglich, dass man handelt ohne einzugreifen um die Dinge geschehen zu lassen. Es ist die Fähigkeit, das Steuer des Lebens jener Macht zu überlassen, die eine Dimension von uns selbst ist und die Laotse einst das Tao genannt hat.

In der Dialektik des Taoismus ist von Menschen die Rede, die die Qualität des „unbehauenen Klotzes“ besitzen. Die Welt des unbehauenen Klotzes ist eine Welt voller Natürlichkeit, Absichtslosigkeit, Egozentrik, frei von Motiven und jeglichem zielbehafteten Streben. Man lebt gelassen, ist natürlich und offen für die Bewegungen des Daseins und empfängt alle Ereignisse mit offenen Armen. Man kämpft nicht mehr oder zerbricht sich den Kopf darüber wie Dinge am besten zu lösen seien, vielmehr handelt man spontan und intuitiv im Sinne des Tao.

Der Mensch des Tao lebt  befreit von  Vergangenheitsereignissen und  Zukunftssorgen vollkommen in der Gegenwart, bestrebt jeden Augenblick des Lebens achtsam aufzunehmen und zu genießen. Er geniest das Leben dort wo es stattfindet: Hier und jetzt. Er lebt und genießt vollkommen in der Gegenwart. Er lebt das Gegenteil dessen was die meisten von uns ( mich eingeschlossen) leben. Er lebt wie Hans im Glück in Leichtigkeit und Sorglosigkeit.

Er versucht die Dinge um sich herum nicht zu werten, sondern nimmt sie hellwach und voller Aufmerksamkeit betrachtend an, so wie sie sind. Er lässt Gedanken kommen und gehen, ohne sich mit ihnen zu befassen oder sie festhalten zu wollen. Er gestattet ihnen nicht sich einzunisten und sich wie früher breit zu machen. Er ist wie der Herbstwind, wenn er die braunen Blätter bewegt. Er gerührt sie, aber nimmt sie nicht weit mit.

Der Mensch des Tao trifft seine Entscheidungen intuitiv und spontan ohne sie gedanklich zu analysieren. Auf diese Weise ist es dem kalkulierendem Verstand unmöglich, sich in Opposition zum Fluss des Tao zu stellen. Er weiß, dass er den Herausforderungen des Lebens nicht mit Kampf und Anstrengung begegnen kann, denn dies würde nur bedeuteten, den Dingen mit unzulänglichen Mitteln zu begegnen statt sie jener Macht zu überlassen, die die Dinge viel besser zu lösen weiß. So gibt er sich dem Fluss des Tao hin. Der Mensch des Tao kennt keine Ungeduld, überall wo er sich befindet ist er angekommen, ist er am Ziel, nämlich bei sich selbst. Er wartet auf nichts, was geschieht, geschieht und dieses nimmt er an. Er lebt von einem Tag zum nächsten. Er will nichts Besonderes werden, besitzt keinen Ehrgeiz nach Ruhm oder Anerkennung. Ihm genügt sein eigenes erfülltes Leben.

Die Heilkraft des „Jetzt und hier“

„Der Weg und das Ziel sind eins“, heißt es im Zen ebenso wie der Weg von Hans ein Weg im Glück und nicht zum Glück ist. Wir brauchen nirgendwo hinzugehen. Das Tao liegt direkt unter unseren Fußsohlen. „Mach nur deine Augen auf und sei gegenwärtig! Sei bewusst bei allem, was du tust, jetzt und hier“ Doch erst wenn wir mit unserem ganzen Sein, mit Körper, Atem und Geist, „jetzt-hier“ sind und unseren Atem wahrnehmen dann werden wir auch an dem teilhaben, was sich „jetzt-hier“ ereignet. Wenn du wirklich gegenwärtig bist, dann nimmst du das wahr, was „jetzt-hier“, in diesem Moment geschieht.
Wenn du jedoch im Morgen bist und schaust in die Zukunft – voller Hoffnung oder Furcht, dann bist du nicht hier, mit anderen Worten: Du bist überhaupt nicht anwesend. Dann kannst du nicht das erkennen, was jetzt „ist“. Wenn du in der Vergangenheit bist, in der Erinnerung – sei sie negativ oder positiv -, dann kannst du das nicht wahrnehmen, was sich „jetzt-hier“ in diesem Augenblick offenbart. Denn in jedem Augenblick – ständig, ohne Unterbrechung – offenbart sich das was im Moment „Wirklich“ ist, so betont Meister Eckhard immer wieder mit Nachdruck.

Der chinesische Zen-Meister Nansen (8.Jh.) wurde einmal von einem Schüler gefragt: “Was ist der wahre Weg?“ Und er antwortete: „Der alltägliche Weg ist der wahre Weg, esse wenn du isst, sitze wenn du sitzt und gehe wenn du gehst- sei da wo du gerade bist.“       
       Mitten in der Welt leben und doch frei sein von der Welt, das ist der „große Zen-Weg“ zur Erleuchtung. Das ist das wahre, ursprüngliche Zen der alten chinesischen Meister. Das ist das lebendige Zen, das mitten in der Welt bei allen täglichen Verrichtungen gelebt wird. Deshalb sagt der chinesische Zen-Meister Fo-yan (12. Jh.): Wenn du Farben siehst und Laute hörst, ist dies eine gute Zeit zur Verwirklichung. Wenn du isst und trinkst, ist auch dies eine gute Zeit zur Verwirklichung. All dies sind wunderbare Gelegenheiten zur Verwirklichung bei allen Verrichtungen des alltäglichen Lebens.

Alle Menschen streben nach Glück und wollen Leid vermeiden. In unserem Bemühen, zu den scheinbar von uns getrennten Objekten in Beziehung zu treten, schaffen wir immer wieder jenen Dualismus, aus dem Verwirrung und Leiden entstehen. Wer sich jedoch der Vergänglichkeit alles Irdischen und der aus der Anhaftung an das Vergängliche resultierenden Leidhaftigkeit bewusst geworden ist, wird das, was die breite Masse der Menschen zum Inhalt ihres Lebens, Denkens und Handelns gemacht hat, nur noch als „sinnlose Zeitverschwendung“ betrachten.
       Er wird kein Verlangen mehr verspüren, sich – wie ein Hamster im Laufrad – in sinnloser Aktivität zu bewegen. Er ist zu jener Klarsicht gelangt, die ihm all das hat bewusst werden lassen, worüber die Aufmerksamkeit der meisten Menschen nur oberflächlich dahin gleitet.

In der Tat ist unsere Welt zwar kein ungetrübtes Freudenfest, aber letztendlich bleibt es doch unser Standpunkt der darüber entscheidet ob wir die Welt als Vorhof zum Schlachthof oder als unbehauenen Klotz wahrnehmen der nur darauf wartet von uns geformt zu werden. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit , wir selbst können unser Bewusstsein ausrichten auf die schönen und freudigen Dinge, die das Leben so lebenswert erscheinen lassen und so unsere Lebenskraft stärken. Wenn es gleichzeitig gelingt die Polarität zu akzeptieren, anzunehmen, dass  egal welche Freude uns das Leben auch bescheren mag, jedes Glück, ja alles was wir lieben,  letztendlich nur von begrenzter Dauer ist.

Die Falle des positiven Denkens
Jedes positive Denken und wünschen stellt ein Nicht-Einverstandensein mit der gegenwärtigen Situation dar und verstärkt die im Bewusstsein verankerte Überzeugung der Bedürftigkeit und des Mangels. Sind wir bereit unsere Einstellungen und Überzeugungen zu erkennen und die Botschaften der zufallenden Situationen zu durchschauen so haben wir den Schlüssel für die Veränderungen unserer Realität in der Hand. So lange wir jedoch von einem Guru zum nächsten laufen, Zielfindungsseminare besuchen und jede esoterische Neuerscheinung kaufen laufen wir Gefahr am eigentlichen Thema des Lebens vorbei zu laufen. Die Verkrampfung darauf spirituelle Ziele erreichen zu wollen lässt das Leben schnell zu einem unbefriedigendem Krampf werden vor allem dann wenn wir immer wieder feststellen, dass wir es nicht schaffen der tolle Mensch zu sein, der wir sein wollen. Das wir es bereits sind übersehen wir dabei geflissentlich. In der Liebe zu dem was ist, im Erfahren der bereits vorhandenen Fülle und im Anwenden  und Ausleben unserer Schöpferkraft zeigt sich der Sinn des Lebens.

 

Der Ochse Und Sein Hirte

 

Mit einer berühmten Geschichte aus dem Reich der Mitte möchte ich unser Bemühen, unser  Leben zu meistern und zu einer freien, starken, erwachten Persönlichkeit zu reifen. Die Geschichte vom Ochsen und seinem Hirten mit Interprätation ( aus Osterle: Wenn der Bogen zerbrochen ist, dann schieß“) ist in China während der Sung-Zeit entstanden und stammt samt dazugehöriger Bilder von dem Zen-Meister Kuo - an Shih – yuan (um 1150). Der Ochse ist die Symbolfigur für das eigentliche und tiefe Selbst, der Hirte das Wesen Mensch. Am Anfang der Geschichte sind beide – Ochsen und Hirten – getrennt. Sie wachsen erst allmählich zu einer Einheit zusammen.

 

1. Die Suche nach dem Ochsen

 

Verlassen in endloser Wildnis schreitet der Hirte dahin durch wucherndes Gras und sucht seinen Ochsen. Weit fließt der Fluss, fern ragen die Gebirge und immer tiefer ins Verwachsene läuft der Pfad.

Der Leib zu Tode erschöpft und verzweifelt das Herz.

Doch findet der suchende Hirte keine geleitende Richtung.

Im Dämmer des Abends hört er nur Zikaden auf dem –Ahorn singen.

 

Wir haben uns von uns selbst entfremdet, haben das Gefühl für die Einheit verloren. Wir haben zugelassen dass unsere Gedanken sich verselbstständigt haben und uns nun durchs Leben peitschen. Die Sinne sind verwirrt,  verstrickt in Gier, Angst, Unterscheidungen und Bewertungen haben wir uns verlaufen. Zwischen Unruhe und Trägheit sind wir hin und her geworfen. Es ist jedoch das tiefste ureigenste Anliegen des Lebens, das uns umtreibt, Unruhe und Unzufriedenheit aufkommen lässt, so lange, bis wir heimgefunden haben zu uns selbst. In die Verzweiflung dringt ein äußerer ton, der das Herz berührt

 

2. Das Finden der Ochsenspur

 

Unter den Bäumen am Wassergestade

sind hier und dort die Spuren des Ochsen dicht hinterlassen.

Hat der Hirte den Weg gefunden inmitten des dich wuchernden, duftendem Grases?

Wie weit der ochse auch laufen mag bis in den hintersten Ort des tiefen Gebirges:

Eicht doch seine Nase in den weiten Himmel,

dass er sich nicht verbergen kann.

 

Gestern erschien uns der Fluss hinderlich, das Gras verwirrend, die Berge unüberwindbar. Heute sieht alles anders aus. Die Aufgaben des Tages sind unverändert, und doch ist alles anders. Wir ahnen, dass das Wesen, das wir suchen, nicht getrennt ist von dem, was jetzt vor uns liegt. Es ist, als wäre an dem Brett vor den Augen eine kleine Öffnung entstanden. Nachdem wir überall Spuren entdeckt haben, kann uns nichts mehr aufhalten. Voller Energie folgen wir nun der Fährte.

 

3. Das Finden des Ochsen

 

Auf einmal erklingt des Buschsängers helle Stimme oben im Wipfel.

Die Sonne strahlt warm, mild weht der Wind,

am Ufer grünen die Weiden.

Es ist kein Ort mehr, dahinein der Ochse sich entziehen könnte.

So schön das herrliche Haupt mit den ragenden Hörnern, dass es kein Maler ereichte.

 

Durch wenige Augenblicke des Innehaltens vergrößern wir das Loch im Brett und unsere Perspektive wird weiter. Plötzlich hören wir des Buschsängers helle Stimme im Baum, spüren, wie die Sonne und der Wind die Haut berührt, das satte Grün der Wiesen macht trunken, der Gesang der Bogensehne geht  durch Mark und Bein, der Klang der Tastatur am Computer ist wie eine Liebeserklärung und die Schreckensnachrichten der Tagesschaulassen die Tränen fließen: Das Leben hat uns eingeholt, in all den äußeren Erscheinungen, selbst in den kleinsten Nebensächlichkeiten erkennen wir, dass nichts  getrennt ist von der alles umfassenden Wahren Wesensnatur.

 

4. Das Fangen des Ochsen

 

Nach höchsten Mühen hat der Hirte den Ochsengefangen.

Zu heftig noch dessen Sinn, die Kraft noch zu wütend,

um leicht seine Wildheit zu bannen.

Bald zieht der Ochse dahin, steigt fern auf die hohen Ebenen.

Bald läuft er weit in tiefe Stätten der Nebel und Wolken und will sich verbergen.

 

Der Ochse ist wild, kraftvoll und zügellos, zulange war er in der Wildnis, als dass er sich einfach so  von seinen alten Gewohnheiten abbringen lassen könnte. Zu festgefahrenen, hartnäckig und wild sind sie.

Damit das soeben neu entdeckte Leben nicht entgleitet, benötigt es viel Energie, Mut und Geduld.

Nach der ersten Euphorie folgt jetzt das stetige Üben. Immer wieder läuft der Geist weg, verliert sich in Nebel und Wolken der Müdigkeit, der Resignation, der hunderterlei Ausreden, der Verzagtheit und Zweifel. So ist Wachsamkeit geboten, der Ochse ist noch nicht gebändigt, unvermittelt versucht er auszubrechen.

 

5. Das Zähmen des Ochsen

 

Von Peitsche und Zügel darf der Hirte

Seine Hand keinen Augenblick lassen.

Sonst stieße der Ochse

Mit rasenden Schritten vor in den Staub.

Ist aber der Ochse geduldig gezähmt und zur Sanftmut gebracht,

folgt er von selbst ohne Fesseln und Ketten dem Hirten.

 

Das Einfangen des Ochsen war erst der Anfang, jetzt geht es darum, ihn, den ungezähmten Geist, zu zähmen. Dazu muss er genau beobachtet werden. Vorlieben schnell etwas anzufangen, um es genau so eilig wieder fallen zu lassen,  Ichsucht, die nach Anerkennung giert, immer versucht, im Mittelpunkt zu stehen,  Empfindlichkeiten und dein schnelles Gekränkt sein, Neigung,  zur Überforderung, fehlendes Selbstwertgefühl,  Fantasie, Tagträume, deine Fähigkeit und das permanente Gefangensein im Gestern und Morgen all dies darf bewusst wahrgenommen und nun verändert werden, denn nur so gelingt  die Zähmung des Ochsen. Die Aufgabe, an uns zu arbeiten bedarf eines großen Vertrauens. Dass der Ochse ohne Fesseln und Kette dem Hirten folgt, bedeutet, dass es auch in uns etwas gibt, das heil und vollkommen ist. Darauf dürfen wir aufbauen und vertrauen.

6. Die Heimkehr auf dem Rücken des Ochsen

 

Der Hirte kehrt heim auf dem Rücken des Ochsen,

gelassen und müßig.

In den fern hinziehenden Abendnebel

Klingt weit der Gesang seiner Flöte.

Takt auf Takt und Vers auf Vers

tönt die grenzenlose Stimmung des Hirten.

Hört einer auf den Gesang,

braucht er nicht noch zu sagen, wie es dem Hirten

zumute ist.

 

Der Kampf ist zu Ende. Der gezähmte Ochse trägt uns sicher auf seinem Rücken. Wir  brauchen uns nicht um ihn zu kümmern, und wer uns nun sieht, spürt etwas von der neuen Dimension, die LEBEN heißt. Dieser Augenblick ist eine Erfahrung, hinter die  niemand mehr zurückgehen kann und will. Verlockungen oder Drohungen werden bedeutungslos angesichts der Fülle und Schönheit des neu Gewonnen: einfach nur leben!

 

7. Der Ochse ist vergessen, der Hirte bleibt

 

Schon ist der Hirte heimgekehrt auf dem Rücken des

Ochsen.

Es gibt keinen Ochsen mehr.

Allein sitzt der Hirte, müßig und still.

Ruhig schlummert er noch, da doch die rot brennende

Sonne

schon hoch am Himmel steht.

Nutzlose Peitsche und Zügel,

weggeworfen unter das strohene Dach.

 

Welch friedliches Bild. Der Hirte sitzt gelassen vor seiner Hütte. Natürlich gibt es noch Arbeit, und sie muss getan werden. Selbstverständlich gibt es wichtige Entscheidungen, Auseinandersetzungen. Aber der schlummernde Hirte bestätigt das Gefühl, dass diese Dinge ihn nicht mehr besetzen, ihre krank machende Wucht verloren haben. Die Worte, das Tun sind Spiegel der Klarheit des Mondes, und die erarbeitete Stille trägt  ganz selbstverständlich durch den Tag. Der Kampf mit dem Ochsen ist vorbei. Der gezähmte Geist ist nicht mehr Gegenstand des Bemühens. Vielmehr ist er automatisch gegenwärtig, selbstverständlich, dienend, so integriert, transzendiert, als gäbe es ihn nicht mehr

 

8. Die vollkommene Vergessenheit von Ochse und Hirte

 

Peitsche und Zügel, Ochse und Hirte

sind spurlos zu Nichts geworden.

In den weiten blauen Himmel reicht niemals ein Wort,

ihn zu ermessen.

Wie könnte der Schnee auf der rötlichen Flamme

des brennenden Herdes verweilen?

Erst wenn ein Mensch an diesen Ort gelangt ist,

kann er den alten Meistern entsprechen.

 

Nun gibt es keinen Hirten mehr, keinen Ochsen, weder Flöte noch Peitsche. Shunyata – Leere. Alles Gegensätzliche, alle Dualitäten sind abgefallen, sind geschmolzen wie Schneeflocken auf der rötlichen Flamme. Auch Begriffe wie Erleuchtung oder Nicht-Erleuchtung halten der Flamme nicht Stand. Nicht Buddha, nicht Jesus, nicht Hölle, nicht Paradies, weder Erkennen noch Erreichen.

 

9. Zurück gekehrt in den Grund und Ursprung

In den Grund und Ursprung zurückgekehrt,

hat der Hirte schon alles vollbracht.

Nichts ist besser, als jäh auf der Stelle wie blind zu sein und taub.

In seiner Hütte sitzt er und sieht keine Dinge da draußen.

Grenzenlos fließt der Fluss, wie er fließt.

Rot blüht die Blume, wie sie blüht.

 

Hast du hingefunden, heimgefunden zum Leben, ist alles vollbracht. Darüber hinaus gibt es nichts. Unser Verstand kann uns nicht helfen,  das wirkliche Sein zu erfassen. Am Beispiel des Flusses, der einfach fließt und der rot blühenden Blume erkennen wir das Gesetz des Lebens.

Der Fluss ist in diesem Augenblick einfach Fluss, die Rose blüht, weil sie blüht. Fluss und Blume haben eine Entwicklung hinter sich und bleiben nicht, was sie jetzt sind. kein Fluss will eine Blume und keine Blume ein Fluss sein. Gerade deshalb sind beide so authentisch, so echt!

Nicht immer sind wir einverstanden mit dem wie wir sind und was wir sind. Oft genug greifen wir bremsend, beschleunigend ein. Lassen Blumen nicht Blumen und Fluss nicht Fluss sein.

 

10. Das Hereinkommen auf den Markt mit offenen Händen

Mit entblößter Brust und nackten Füßen

Kommt er herein auf den Markt.

Das Gesicht mit Erde beschmiert,

den Kopf mit Asche über und über bestreut.

Seine Wangen überströmt von mächtigem Lachen. Ohne Geheimnis und Wunder zu mühen,lässt er jäh die dürren Bäume erblühen….

 

Der erleuchtete Mensch bejaht nicht nur seine Vergänglichkeit, sondern auch sein Sein. So kommt er in königlicher Gestalt und doch in selbstverständlicher Bescheidenheit herein, barfuss und mit entblößter Brust. Sein Lachen ist ansteckend, seine Gelassenheit und tiefe Heiterkeit machen Mut, seine Demut lässt Raum für eigene Entwicklungen, durch sein Mitgefühl erblühen dürre Bäume. Er zündet ein Licht an, wo die Dunkelheit regiert, setzt ein Zeichen der Hoffnung, wo Verzweifelung quält.

 

Auf den Punkt gebracht

Glück ist wie ein Schmetterling", sagte der Meister. "Jag ihm nach, und er entwischt dir. Setz dich hin, und er lässt sich auf deiner Schulter nieder.""Was soll ich also tun, um das Glück zu erlangen?""Hör auf, hinter ihm her zu sein.""Aber gibt es nichts, was ich tun kann?" "Du könntest versuchen, dich ruhig hinzusetzen, wenn du es wagst."  Unbekannter Zen Meister

Der Weg des Tao, der Weg der Erkenntnis, der Weg des Mitgefühls und der Liebe zu Gott oder der Weg der Tat. Wir sind frei zu entscheiden und wir können uns augenblicklich wieder neu entscheiden. Alle Wege stehen uns offen. Es gibt nicht nur einen Weg.

 

 

Kapitel 12

In der Mitte

Der Geist der an nichts haftet, wird weit wie der Himmel in welchem die Wolken vorbeiziehen. Eine große innere Freiheit verwirklicht sich...   Laotse

 

Wie funktioniert die Meditation und was können wir durch sie erreichen?

Welche Bewußtseinsstufen können wir uns erschließen ?

Was bringt uns das?

Die Qualität unseres täglichen Befindens in einem schnelllebigen häufig stressgeplagten Umfeld hängt in erheblichen Maß von unserer Fähigkeit ab, gelegentlich oder besser regelmäßig  Zeit für uns selbst, für Ruhe und Besinnung zu finden.

Die heilende und zugleich aufbauende Kraft der Stille, die wir in solchen Momenten erfahren war zu allen Zeiten in allen Kulturen bekannt.  Ausgerechnet heute, wo wir diese Zeit des Aufladens nötiger denn je brauchen, scheinen derartige Entspannungsrituale vergessen zu sein. Erst seit wir in letzter Zeit mit der Erforschung von Entspannungsmethoden und ihren heilenden und regenerierenden Wirkungen begonnen haben und sich die vielfältigen positiven gesundheitlichen Auswirkungen dieser Übungen und Rituale wissenschaftlich belegen lassen, greifen immer mehr Menschen auf dieses Uralte Wissen um die Kraft der Ruhe und Stille zurück.

 

In der Ruhe liegt die Kraft

Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Körper -und Atemtechniken vor allem aus dem tibetischen und indischen Raum lassen sich innere Kraftquellen anzapfen, unbekannte Bewußtseinsebenen kennen lernen und neue Dimensionen der Wahrnehmung dessen erschließen was verborgen in uns schlummert.

Die Techniken sind je nach Zielsetzung recht unterschiedlich, jedoch ist die Intention immer wieder die gleiche: Die Meditation, d.h. die temporäre gedankliche Ablösung von der Umgebung, das Loslassen des Alltags und das sich versenken im eigenen Sein ( der eigenen Sonne mit ihren unterschiedlichen Schichten) . Wenn es sein darf, immer dann wenn man am wenigsten damit rechnet versinkt man plötzlich in der Tiefe des Ozeans und taucht ein in die Weltenseele wie Paulo Coelho es im Alchemisten formulierte. Man erlebt eine spirituelle Erfahrung ( z.b. Ebene 7-14) die bislang völlig unbekannte Einblicke und Eindrücke ermöglicht.

 

In der Meditation beruhigt sich der unaufhörlich arbeitende Verstand (der Problemfinder Nr. 1) und wir werden empfänglich für die angenehmen Schwingungen der Stille der wir zuvor - weil abgelenkt- keine Aufmerksamkeit schenken konnten. Hier tanken wir Nüspa, hier harominieren sich die Energeprinzipien hier findet Ausgleich auf höchster Ebene statt.

So kann eine bereits 20 minütige Meditation im Körper den gleichen Regenerationseffekt auslösen wie 4-6 Stunden Schlaf.

Je mehr wir in uns selbst vorstoßen und dort neue Bereiche unseres Ichs entdecken, umso stärker fühlen wir unsere Verbundenheit und Einheit mit der Natur, mit dem „alles was ist“ ( =Gott). Wir nähern uns in der Meditation unserem tiefsten Ich, dem Zentrum aller Kraft und allen Glücks. Nutzen wir unser "Selbst" und die in uns vorhandene Kraftquelle, so können wir uns jederzeit mit neuer Energie aufladen. Gleichzeitig erfahren wir Momente höchster Fülle, gelangen zu tiefer Ruhe, Entspannung und innerem Frieden. Begreifen  wir diese tief verborgene innere ordnende Kraft, so wächst daraus Erkenntnis über uns und unsere Stellung im Universum. Indem wir uns selbst einordnen können und dadurch einen Überblick gewinnen, werden unbedeutende dinge bedeutungslos und ein Gefühl von Gelassenheit und grenzenlosem Vertrauen in die Kräfte der Natur erwächst.

Vom Glück Zeit mit sich selbst zu verbringen

Indem wir über die Meditation unser Selbst neu entdecken und ein erweitertes Bewusstsein für unsere körperlichen und emotionalen Funktionen entwickeln, stärken wir auch die Kraft unserer Intuition. Die Intuition ist die eigentliche Quelle des Fortschritts und der Weiterentwicklung. Es ist die Stimme der Natur, der Schöpfung, aus ihr sprudelt unser natürliches Wissen, sie ist die eigentliche Kraft die uns zum Guten lenkt. Nutzen wir diese Quelle, so sind wir eins mit der Natur und  können nicht nur in Extremsituationen ungeahnte innere Kräfte wecken. Für diesen Weg muss der Kontakt zu unserem Inneren aufrechterhalten und geschult werden. So wie sich der Geist morgens bereits mit dem Klingeln des Weckers nach außen richtet, so muss ihm auch mehrmals täglich die Möglichkeit geboten werden, sich nach innen zu richten, die äußerlichen Sinne abzudunkeln und Kontakt mit der Quelle aufzunehmen und so lange wie möglich zu halten. „Indem wir über die Meditation ein erweitertes Bewusstsein für unsere körperlichen und emotionellen Funktionen entwickeln, stärken wir die Kraft unserer Intuition. Die Intuition ist die eigentliche Quelle des Fortschritts und der Weiterentwicklung. Es ist die Stimme der Natur, der Schöpfung aus der unser natürliches Wissen sprudelt. Sie ist die eigentliche Kraft, die uns zum Guten lenkt. Nutzen wir diese Quelle, so sind wir eins mit der Natur und handeln in ihrem Sinne. Damit gelingt es uns, Entscheidungen tugendhafter, vernünftiger und im göttlichen Sinne „richtiger“ zu treffen. So wird es uns möglich, besonders in Extremsituationen ungeahnte innere Kräfte zu wecken und diese psychisch wie physisch umzusetzen. Werden diese Zusammenhänge erkannt, so finden wir zu einer Ausstrahlung, die geprägt ist von innerem Frieden und Glück. Dies sind Zeichen eines Lebens in Harmonie mit der Natur. Diese Harmonie wird sich schnell auch um uns herum ausbreiten. Damit werden sich automatisch die Beziehungen zu anderen Menschen positiv verändern und neue Menschen, die sich in ähnlicher Weise weiterentwickeln, werden sich von uns angezogen fühlen.“

 

 

 

Alles, was Sie um sich sehen, ist ein klarer Traum,

den Sie für kurze Zeit durchleben,

um Ihr Verstehen zu steigern.

Was alles so aufregend macht, ist, dass Sie lernen können,

diesen Traum zu Ihren Gunsten zu verändern...

Stuart Wilde

Die Praxis der  Mantra Meditation

Wie werde ich, was ich wirklich bin und was ich wirklich will

Ich empfehle ihnen die Praxis der Meditation nur dann genau zu studieren wenn sie ernsthaft an einer effektiven Technik zur regelmäßiger Meditation interessiert sind. Vielleicht überspringen sie diesen Teil des Kapitels und lesen ihn zu passender Zeit.

Die tibetische Meditation ist eine Erfahrung das „jetzt“ zu erleben die nur jeder selbst machen kann. Wenn wir uns vorstellen, dass wir von unserem gesamten Bewusstseinspotential (100%) im günstigsten Falle nur etwa 10% wahrscheinlich jedoch  nur 4 – 6 % nutzen so lässt sich unschwer vermuten, dass völlig ungeahnte Möglichkeiten in uns schlummern von denen wir über 90 % noch gar nicht kennen. So wie in einem winzigen Samenkorn z.B. einer Eiche bereits die gesamte Information zu einem großen starken Baum zu werden enthalten ist, so ist auch in der menschlichen Eizelle ein Universum voller Möglichkeiten angelegt die sich nach und nach auf allen Ebenen Entfalten. In dem Bewusstseinsbereich, der uns zugänglich ist, erfahren wir nun Abstufungen. Umso tiefer wir uns versenken desto mehr nähern wir uns der Sonne, der Mitte, dem Zentrum des Seins.

Das eigentliche „Kunststück“ der Meditation besteht darin, diese absichtslos zu gestalten, denn nur so kann sich der Raum tieferer Schichten öffnen.  Der Bogenweg des Zens beschreibt es in der Kunst des Bogenschießens am treffendsten. „Die Zielscheibe steht dem Ziel im Weg“. Wenn wir den Bogen spannen ist  das Loslassen der Sehne das Ritual auf das es ankommt, nicht das Ziel. In dem Bereich  darunter liegt das Unterbewusstsein. Dort sind all die Bereiche, die uns nicht bewusst zugänglich sind. Mit jeder Absicht schaffen wir einen neuen Stress und verursachen somit eine neue Verkrampfung in unserem NS. Nun ist die Frage, wie sind diese Stresse in unser NS gekommen? Nehmen wir ein Beispiel: Ein kleines Kind wird zu unrecht bestraft. Es ist empört, weiß sich aber nicht zu verteidigen, da es noch nicht die Geschicklichkeit besitzt, das zu erklären. Es weiß aber, wenn die Eltern in schlechter Stimmung sind, dann wird es ganz schlimm, wenn es auch nur den Versuch unternimmt. Es frisst also die ganze Energie in sich hinein, weil das das einzige ist, was es in dieser Situation tun kann. Das Gefühl einer solchen Situation kennen wir alle auch als Erwachsene.

Wenn der Verstand schweigt oder sich voll und ganz auf eine gegenwärtige Aufgabe konzentriert, erreicht das Bewusstsein einen erweiterten Zustand, in dem Ego und Zeitempfinden verschwinden, das Selbst mit der wahrgenommenen Realität zu einer Einheit verschmilzt in der keine Problemgefühl mehr möglich ist. In seiner reinsten Form nennt man diesen Zustand Erleuchtung.

Diese Energie, diese Spannung bleibt nun im Nervensystem, verkapselt sich und wird vergessen. Dort, wo diese Energie quer sitzt, befindet sich jetzt eine Schwachstelle in unserem Nervensystem, ein Bereich, in dem unsere Zellen nicht mehr richtig funktionieren.

Wir können uns vorstellen, wie viele dieser Verspannungen wir seit frühester Kindheit aufgenommen haben. Dies ist auch der Grund, warum die Menschen, je älter sie werden, über immer weniger Bewusstsein verfügen. Sie nehmen immer mehr Stress auf und ihre Bewusstseinschwelle wandert immer höher. Sollte man annehmen, dass die Menschen mit all ihren Erfahrungen weiser werden und immer besser wissen, wie sie ihre Energien einsetzen, wird das Gegenteil der Fall und ihr Nervensystem wird mit mehr und mehr Verspannungen regelrecht „zugekleistert“.

Wie können wir diese Verspannungen auflösen? Wie können wir diesen Vorgang stoppen und den Bereich unseres Bewusstseins, der uns zur Verfügung steht, erweitern?

Ganz einfach: Was tun wir, wenn vor unserem Auge ein Blitzlicht aufflammt? – richtig, wir schließen unsere Augen und warten, bis die Energie abgeflossen ist. Wir gönnen unseren Augen einige Zeit Ruhe.

Nach dem gleichen Prinzip funktioniert die Tiefenmeditation mit Mantras. Wir rufen in unserem NS eine tiefe Ruhe hervor und geben ihm so die Möglichkeit, diese Verspannungen, diese Verkrampfung unseres NS wieder aufzulösen.

Gearbeitet wird mit 2 Komponenten:

1-      Die natürliche Tendenz des Geistes sich immer angenehmeren Bereichen zuzuwenden.

Wir wissen, dass es sich angenehmer anfühlt, wenn wir tief konzentriert sind, als wenn wir uns nur oberflächlich verhalten.Wenn wir noch tiefer gehen als Konzentration, dann fühlt es sich noch angenehmer an. Je tiefer wir gehen, desto besser fühlt es sich an und desto mehr Ruhe fühlen wir. Dies ist die natürliche Tendenz unseres Geistes, die wir für die Tiefenmeditation mit Mantras  einsetzen. Nun wissen wir aber, dass unsere Bewusstseinsschwelle (UB) eine Barriere darstellt, die nicht so leicht zu überwinden ist. Wir können uns nicht tiefer als tief konzentrieren. Um diese Schwelle überwinden zu können, brauchen wir eine Art Fahrzeug und dies ist die 2. Komponente der Meditation.

Das Mantra – Öffner eines Weges dem man vertraut

Ein Mantra ist ebenso wie ein Gebet  Energie in Aktion, es beeinflusst das Innere wie das Äußere. Die hingabevolle monotone Wiederholung bestimmter Klangworte schafft die Form die das Selbst annehmen wird. Es ist wie ein Weg den man geht, vertrauend darauf, dass er an ein Ziel führt zugleich aber ohne die Absicht es  erreichen zu müssen.  Om mani padme hum, (Juwel im Lotus) ist ein Beispiel für ein Mantra in Sanskrit, das dem buddhistischen Bodhisattva des Mitgefühls zugeordnet wird und das bedeutendste und älteste Mantra des tibetischen Buddhismus verkörpert. Mantrarezitation ist im tibetischen Buddhismus ein Mittel zur geistigen Entwicklung. Für den tibetischen Buddhismus sind die  Silben om mani padme hum Ausdruck der grundlegenden Haltung des Mitgefühls, und in ihrem Rezitieren formuliert sich der Wunsch das es allen Lebewesen gelingen Möge ihr Leid zu überwinden.Mantras gehen auf eine uralte Wissenstradition zurück, die aus Indien stammt. Die alten Inder wussten um die Wirkung bestimmter Klänge auf Körper und Geist und haben dieses Wissen über Jahrtausende hinweg lebendig erhalten. Die Tiefenmeditation macht sich dieses  Wissen zu nutze. Das Mantra, welches wir in der Tiefenmeditation erhalten, hat die Eigenschaft, im tiefsten Bereich unseres Bewusstseins eine Resonanz hervorzurufen.

Es hat die Fähigkeit, uns über die Bewusstseinsschwelle in tiefere Bereiche unseres Bewußtseins zu bringen. Das Mantra ist eine Art Vehikel, in das wir uns setzen, um damit eine Grenze zu passieren, über die wir sonst nicht hinwegkämen.In der Meditation gehen wir nun noch tiefer als Konzentration und setzen die natürliche Tendenz unseres Geistes, sich immer feineren Bereichen zuzuwenden und das Mantra ein, um tief in unser Bewusstsein hineinzugehen. Dadurch erzeugen wir eine tiefe innere Ruhe im Nervensystem und durch diese Ruhe passiert  exakt das gleiche, als wenn wir dem mit Blitzlicht überladenen Auge Ruhe gönnen. Die Verspannungen in unserem Nervensystem lösen sich auf. In der Meditation denken wir das Mantra wie irgendeinen anderen Gedanken und werden dann automatisch über die Bewusstseinsschwelle in tiefere Bereiche unseres Bewusstseins hineingezogen. Eine wachsende, tiefe Ruhe breitet sich aus und genau diese Ruhe löst Blockaden und „Unverdautes“ auf. Energie die im Nervensystem gebunden war löst sich nun nach außen auf. Diese Energie, die durch das Lösen der Verkrampfungen jetzt frei wird, greift sich also irgendeinen Gedanken. Wir merken das daran, dass wir nicht mehr das Mantra denken, sondern unsere Aufmerksamkeit durch irgendeinen Inhalt eingenommen wird. Woran wir dabei denken, ist völlig irrelevant. Die Selbstheilungskräfte unseres Körpers greifen sich irgendein Thema, das gerade oben liegt. Wenn wir nun merken, dass wir das Mantra nicht mehr denken, kommen  wir auf das Mantra zurück und der ganze Vorgang beginnt von neuem. Die Tiefenmeditation besteht also aus zwei Phasen:

1.      wir gehen tief in unser Nervensystem hinein, erzeugen eine tiefe Ruhe, die die Verspannungen auflöst

2.      die gelösten Verspannungen äußern sich in Form von Gedankenenergie, die uns wieder nach außen – nach oben bringen

Diese Phasen werden mehrfach in der Meditation erlebt, es ist sozusagen ein ständiges Eintauchen und Wiederauftauchen.Der ganze Vorgang ist sehr angenehm und die tiefe Ruhe wird schon in der ersten Meditation erfahren.So wie wir schnell rennen können, haben wir auch die Fähigkeit langsam zu gehen und auch stehen zu bleiben und uns auszuruhen. In der heutige Zeit scheint es allerdings, als ob alle sehr schnell rennen, sehr schnell etwas erledigen, nur um dann genauso schnell wieder zurückzufahren. Wir haben verlernt, wie es ist, Stehen zu bleiben, Ruhe zu genießen – und genau das ist es, was uns die Tiefenmeditation mit Mantras vermittelt. Es ist eine Fähigkeit, die uns angeboren ist, die wir aber lernen und trainieren müssen. Die positiven Wirkungen wie mehr Gelassenheit, größere Toleranz gegenüber Stress oder negativen Einflüssen, besseres Gedächtnis, schnellere Auffassungsgabe werden schon nach kurzer Zeit der Meditation erfahren. Unsere Intuition funktioniert besser. Nach einiger Zeit senkt sich unsere Bewusstseinsschwelle ab und wir aktivieren Bereiche unseres Bewusstseins in Betrieb, zu denen wir vorher keinen Zugang hatten.

Dieses Mehr an Bewusstheit äußert sich als größerer Überblick, umfassenderes Verstehen etc.Dieser Vorgang der Stresslösung ist ein rein physischer Vorgang im Nervensystem. Der rein körperliche Vorgang löst eine entsprechende geistige Aktivität aus, die dann als Gedanken wahrgenommen wird. Gedanken sind immer ein Anzeichen dafür, dass sich Stress bereits aufgelöst hat und das ist sehr positiv für uns.Stress ist ein Fremdkörper im Nervensystem. Die Selbstheilungskräfte unseres Körpers sind darauf ausgelegt, dass sie alle Fremdkörper beseitigen wollen. Wir müssen ihnen nur die Möglichkeit dazu geben. Die ureigene Natur unseres Körpers ist also dafür verantwortlich, dass unser Geist wieder mit einem Gedanken aus der Meditation herauskommt.

Beide Bewegungen des Geistes sind natürlich und laufen während der Tiefenmeditation automatisch ab. Alles was wir tun müssen ist diesen Vorgang zu starten und den natürlichen Selbstheilungsprozess unseres Körpers nicht stören. Wir lassen einfach der Natur freien Lauf. Wenn wir uns bei diesem Vorgang anstrengen oder auf irgendeine Weise bemühen etwas hervorzurufen, verursachen wir damit nur neue Verspannungen. Aus diesem Grund versuchen wir nicht, das Mantra deutlich zu denken oder es aufzuhalten, wenn es feiner werden möchte.Wir lassen diesen Teil der Meditation so geschehen, wie er ablaufen möchte. Wir gehen mit diesem Phänomen des Wechsels vom Mantra zum Gedanken und umgekehrt völlig unbefangen um und lassen uns nicht  von der Bedeutung der Gedanken irritieren. Wir lassen sie wie Wolken vorbeiziehen ohne sie festzuhalten. Wir akzeptieren sie als zu uns gehörig und bewillkommnen sie. Immer wenn wir bemerken, dass ein Gedanke da ist, kommen wir ruhig und unbefangen zum Mantra zurück. Gedanken sind immer das Ergebnis der Auflösung einer Verspannung und deshalb ärgern wir uns nie über den Inhalt der Gedanken, die wir in der Meditation erfahren. Es ist sehr wichtig, nicht abrupt aus der Meditation herauszukommen; denn sonst erleidet unser NS einen Schock. Wir müssen unserem NS Zeit geben, von der tiefen Ruhe zur Aktivität überzugehen.

Kein Mantra – kein Gedanke … ein sehr angenehmer Zustand innerer Wachheit (sofern wir nicht schlafen). Diese Erfahrung kann klar oder verschwommen sein und kann für den Bruchteil einer Sekunde auftreten, aber auch Minuten andauern. Egal wie lange es dauert es ist in Ordnung so wie es ist.Wenn diese Erfahrung – kein Mantra – kein Gedanke eintritt, nehmen wir diesen Zustand einfach nur wahr. Wir nehmen das Mantra nicht wieder auf, bis der Zustand vorbei ist. Nach bereits kurzer Zeit des Übens wird der Verstand ruhiger und wir entdecken uns auch außerhalb der meditativen Stille mehr und mehr von einer Kraft getragen, die uns Zeuge und Beobachter jenseits von Vorstellungen, Vorurteilen, Einbildungen, Projektionen und Identifikationen sein lässt.