Die Mitte

Schamanismus und Bewusstsein

Mit unendlichem Gespür vernimmt die Seele Töne, die das Ohr nicht hört,und sieht, was den Augen verborgen bleibt,
durch alle Zeiten, Räume hin und über sie hinaus.
Grenzenlos, ursprünglich ist ihr Wissen - ihre Erinnerung.  I Ging

 

Die Medizingeschichte unseres Planeten hat neben dem fernöstlichen und abendländischen Weisheitsschatz  auch in indigenen Kulturen (Ur-Völker) besonderes Wissen hervorgebracht das unser Denken heute um wertvolle Elemente bereichern kann. Ihr Wissen  um die Gesetze und Heilkräfte der Natur spiegeln ein besonderes Bewusstsein um die unsichtbaren Vorgänge die uns wie ein Gewebe umgeben.

 

Schamanismus und Taoismus
Etwa zur Zeit der großen Kriege (1200 bis 200 v.Chr.) entwickelte sich in China der Schamanenkult: Krankheiten und Leiden galten als Werk von Dämonen und wurden als unumgänglich angesehen. Dennoch wurden Fasten- und Säuberungsrituale, Atemtechniken und rituelle Tänze zur Vorbeugung gelehrt - und es existierte ein großes Arsenal an Medizinen aus Kräutern sowie tierischen und mineralischen Substanzen.
Aus dem fünften Jahrhundert n.Chr. stammen die Aufzeichnungen des Arztes sun si miao Darin waren 13 "Dämonenlöcher" am menschlichen Körper gekennzeichnet, deren Stimulation mit Nadeln die Heilung von Krankheiten bewirken sollte; ferner nannte er 32 Arzneidrogen gegen Krankheitsdämonen.

Inzwischen war jedoch eine neue naturphilosophische Bewegung herangewachsen: der Taoismus, um 500 v. Chr. von Laotse begründet. Sie betrachtete den Wandel der Natur als Ausdruck der inneren Gesetzmäßigkeit der Natur, genannt Tao (sprich: "Dao" - wörtlich: Sinn, Weg, Bahn). Das Tao erzeugt das polare Spannungsfeld zwischen den komplementären Kräften  Ying und Yang. Aus diesem Spannungsfeld entstehen alle Dinge - auch die Lebensenergie Qi.  Tao und Qi sind also der Ausgangspunkt aller Lebensvorgänge.

Die konfuzianische Lehre
Wie kein zweiter hat Konfuzius (551-479 v. Chr.) die chinesische Geistesgeschichte geprägt: Die Menschen lösten sich von Schamanenkult und Dämonenglauben und begannen, die Welt rationaler zu verstehen. Die Periode vom 5. bis 2. Jahrhundert v. Chr. ist heute als "Goldenes Zeitalter" bekannt. Das wichtigste Ziel menschlichen Handelns ist nach Konfuzius der Einklang mit der Natur und ihren Kräften und der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang spielt das Konzept der Lebensenergie Qi eine zentrale Rolle: Anstelle von magischen Kräften und Dämonen werden nun physiologische Funktionen und Fehlfunktionen mit Hilfe von Qi erklärt. Einige konfuzianische Schulen greifen zudem auf die (wesentlich ältere) Lehre von den Fünf Wandlungsphasen; andere mit der Yin-Yang-Lehre, wieder andere mit beiden. Alle Schulen aber betonen, dass es auf die harmonische Balance der Kräfte ankommt: Sie bedeutet politischen und sozialen Frieden, materielles Wohlergehen, familiäres Glück - und schließlich auch seelische und körperliche Gesundheit. Der Fluss der Lebensenergie im Körper aber lässt sich durch Pulslesen bestimmen und unter anderem durch Akupunktur beeinflussen

Christliche Mystik und Heilung
Die hebräisch-israelitischen Ethnien  des vorderen Orients  vertreten eine Auffassung von Krankheit und Heilung wie sie uns seit Urzeiten in der Bibel entgegentritt. Ihre Auswirkungen auf  unsere judeo-christliche Kultur sind bis zum heutigen Tage  lebendig.  So legte z.B. Moses mit seinen detaillierten Reinheits- und Speisevorschriften („Koschere Speisen“), die sogar von den meisten nicht-orthodoxen Juden beachtet werden, den Grundstein einer , wie wir heute sagen würden, Präventivmedizin (religiös begründete Hygiene, ethnisch und medizinisch begründete Diätik). Mit den 10 Geboten wurde ein Kanon sittlicher Weltvorstellungen geschaffen, die sittliches Verhalten zur Grundvoraussetzung für die Reinheit von Seele und Körper erklärt. Unsittliches Verhalten, vergiftet die Seele und damit auch den Körper. Der Mensch versündigt sich an sich selbst und wird krank wenn er sich unbeherrscht verhält und wenn er sich an der Schöpfung - und auch am Willen Gottes - durch Zerstörung seiner Umwelt und der ungenügenden Achtung vor menschlichen und tierischen Geschöpfen vergeht.
 
Christliche Mystik lehrt uns, dass die Entgiftung der Seele, das Bemühen um ein "reines Herz", die Vergebungsbereitschaft und die Liebe zum Mitmenschen sowie das Vorhandensein eines  religiösen Grundvertrauens die Voraussetzung jeder Art von Heilung ist. So ist der seelische Reinigungsprozess bei dem der  Arzt eine seelsorgerische Hilfestellung leisten muss der erste Schritt zur Heilung.
 
Im Alten Testament wird Krankheit als Strafe Gottes für sündiges Verhalten verstanden Im Neuen Testament wird Krankheit zum  einen als Fluch Gottes, andererseits als gottgegebene  Chance der Läuterung und der Erkenntnis (Gottes). Gott will den Menschen  damit prüfen und ihm Hoffnung auf  eine  höhere Form des Seins verleihen. Jesus   machte die Heilung zu einer Sache des Glaubens an Gott oder wie wir heute sagen würden zum Glauben an die Selbstheilungskräfte in uns. Moderne Studien belegen, dass gläubige Menschen eine höhere
Resistenz gegen Krankheiten aufweisen, bessere Heilungschancen haben und
mit Krankheit seelisch besser umgehen können. Nach biblischer Auffassung muss der" Arzt ", der in gewisser Weise gleichzeitig  Priester ist, die bösen Geister austreiben. d.h. in heutiger Sprache, den Menschen von seinen schlechten bzw. falschen Gedanken heilen, die sich vor allem als Suchtkrankheiten erweisen (Nikotinsucht, Alkoholsucht, Esssucht, Drogensucht, Geltungssucht, Besitzsucht, Genusssucht) Im Grunde genommen sind also die
meisten Krankheiten so gesehen Formen von Besessenheit durch böse Geister.
Einen besonders hohen Stellenwert in der judeo-christlichen Tradition nimmt der Ritus des
Handauflegens ein, mit dessen Hilfe Jesus sogar Blinde heilen konnte. Durch das Handauflegen wird eine Verbindung zu einem höheren Kraftfeld hergestellt, wird eine stärkere Kraft sozusagen übertragen.Wir lernen daraus, dass durch Hand- bzw. Hautkontakt (vgl. Reiki), durch Handauflegen auf kranke Körperstellen der Kranke das Empfinden hat, dass Energien vom Arzt auf ihn übergehen. Auch das Pulsmessen muss quasi als
ein Ritual praktiziert werden, als eine Art Kommunikation zwischen Arzt und Patient und darf keinesfalls nur als technischer Routinevorgang praktiziert werden. Aus biblischer Sicht ist Heilung vom Charisma , d.h. der persönlichen Ausstrahlung , dem Selbstbewusstsein des  Arztes, fast könnte man sagen, seinem" ärztlichen Sendungsbewusstsein“ abhängig. Die Bezeichnung von Jesus als Heiland ist Ausdruck der engen Verknüpfung von Glaube, Heilung und daraus resultierender Hoffnung.Heilung ist weiterhin vor allem eine Frage der Suggestion von außen wie von innen. Sie benötigt dazu auch  ihre suggestiven  Symbole. Bei allen Prozessen "der Austreibung böser Geister" wird ähnlich wie bei den heidnischen Priestern auf die suggestive Kraft der unmittelbaren Demonstration des Kreuzes vertraut, das an die Stelle der Amulette und Fetische tritt. Gleichzeitig setzt die christliche Kirche in Nachahmung heidnischer Praktiken auf die suggestive Kraft der Musik , der Wirkung von Klangkörpern ( Glocken und Klingeln) und den gemeinschaftlichen Gesang als Mittel der Massensuggestion, die Kraft und Ausstrahlung von Bildern (Ikonen) durch geheimnisvolle Sprache (Latein) während optisch wirksamer Rituale (Messe).

Mystik und Heilung an den Grenzen der Medizin

Alle Naturvölker sehen in Krankheiten die Folge einer Entfremdung und Trennung von der Einheit. Ein Ungleichgewichtes des Geistes und der Seele des Einzelnen oder der Gemeinschaft wird durch Fehlverhalten (z.B. Verletzungen verstorbener Ahnen, Ehrfurchtlosigkeit gegenüber Eltern oder alten Menschen, Tabuübertretungen, Verstöße gegen göttliche Gebote, Eifersucht, Geschlechtsverkehr vor der Ehe) oder Flüche, Verhexungen, Ahnengeister oder Dämonen verursacht werden können. Auch Schreck, unglückliche Liebe, soziale Entwurzelung und Überforderung kommen in Betracht. So kommt es zu einer Spaltung, einem Ungleichgewicht zwischen dem Betroffenen und der unsichtbaren Welt. Die Behandlung erfolgt mit Sakramentalien (geweihte Gegenstände), Amulettherstellung, Opferritualen, Gebeten, Beschwörungen und Exorzitien. Dabei wird der traditionelle Heiler als Hüter der sozialen Ordnung oft zum Mittler zwischen der Gemeinschaft und der übernatürlichen Welt.

 

Auf einer zumeist unbewussten Ebene findet zwischen einzelnen Bewusstseinsinstanzen eine permanente Kommunikation statt, die durch eine Art Absprache dafür sorgt, dass sich die Lebenssituationen einzelner Personen steht’s so miteinander arrangieren, dass jedes an einer gemeinsamen Situation beteiligte Individuum genau  die Realität erlebt, die es durch seinen Bewusstheitsfokus ausgewählt hat.     Jörg Starkmuth

 

 

Traditionelle Heiler und Schamanen erfahren den vielschichtigen Komplex des Lebens oft durch eigenes, rituelles, spirituelles Streben. Durch Initiierungen oder großes körperliches Leid mit schweren auch psychischen Qualen durchschreiten sie extreme Grenzerfahrungen. So erhalten Sie Einblicke, Wissen, Weisheit und Kompetenz auf allen Ebenen. Berufung, jahrelange Lehrzeit und viele Prüfungen ermöglichen das Verstehen um die Strukturen der unsichtbaren Welt.  Der traditionelle Heiler schaut und betrachtet diesen Komplex um zu verstehen. Er ist nicht getrennt von der Natur sondern sieht sich als untrennbarer Teil von ihr. So kann er tiefer als andere schauen. Seine Begabung liegt in dem festen Wissen Eins zu sein mit dem was ist. Seine  Intuition ist dadurch ein weises vorausschauendes Wissen ohne Verneblung des Verstandes und dessen Sehnsucht nach greifbaren Fakten. Bei seiner betrachtenden Reise in die Tiefe des ihm anvertrauten Patienten lässt er sich  tragen und führen, so als würde er auf dem Unbewussten schwimmen, in dem der Kranke versunken ist. Durch die tiefe Verbindung versteht er das Gewebe der Verstrickungen und missverständlichen Bilder, in denen sich der Kranke verloren hat. Aus dem Schauen und Berühren lassen steigt etwas empor das er dem Patienten weitergibt. Auf der unbewussten Ebene befreit er symbolisch die Seele indem  er sich mit der falsch geleiteten psychotischen Kraft der Bildern (spirituellen Verunreinigungen) verbindet  diese auflöst, so dass der Lebensfluss wieder in Gang kommt (s. heute aktive Imagination nach C.G. Jung)

Der fokussierte Einsatz des Bewusstseins ermöglicht dem Heiler dieses für Problemlösungen und Heilzwecke einzusetzen um so einen Zugang zu einer Welt zu eröffnen, die das Alltagsbewusstsein sonst verschlossen hält. Das Wissen um die Möglichkeiten des Bewusstseins hilft, das  gesamte Spektrum des Seins  zu erfahren und öffnet so Wege unmittelbar an die Quelle unserer ureigenen Kraft

 

Gehst du einen Schritt auf die Natur zu, kommt sie dir zwei Schritte entgegen  Gaboo

Von der Unordnung zur Ordnung

Der traditionelle Heiler ist Arzt, Psychologe und „Götterbote“ zugleich. Er stellt die Rückkehr zu den spirituellen Wurzeln zur naturgebundenen Einheit in den Mittelpunkt der Heilung. Die meisten Ethnotherapien so mystisch ihre Techniken auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, sind auch auf körperlicher Ebene erstaunlich erfolgreich wenn es darum geht den Patienten zurückzuführen zu Harmonie und  Balance mit sich, seiner Umgebung und dem Kosmos. Aus der Integration aller Ebenen zu einem ganzheitlichen Ansatz wird eine über dem menschlichen Dasein und die Zeit erhobene Weisheit geboren die bei größerer Beachtung eine neue Zukunft für die Menschheit ebenso wie für unseren Planeten  möglich macht. Viele indigene Völker sehen in Krankheiten die Folge eines Ungleichgewichtes des Geistes und der Seele des Einzelnen oder der Gemeinschaft, die z.B. durch bösen Zauber, Ahnengeister oder Dämonen verursacht werden können. Dennoch wird zwischen natürlichen und übernatürlichen Krankheitsursachen unterschieden, was sehr komplexe Behandlungssysteme hervorgebracht hat. So gibt es neben dem Heiler, Schamanen oder Medizinmann auch die Kräuterdoktoren, Kräuterfrauen und Knochenrichter.

 

Die Besonderheiten der lokalen Heiler liegen in ihrer Kompetenz, Autorität und Berufung. Meist haben sie eine lange Initiationszeit bis sie ihre Anerkennung als Heiler erfahren. Sie beheben Gesundheitsstörungen indem sie kulturell akzeptierte und erprobte Methoden anwenden. Ihre Funktion ist meist umfassender als die der westlichen Ärzte, denn auch soziale, psychische, spirituelle Aspekte gehen in die Behandlung ein. Dabei wird der Heiler oft zum Mittler zwischen der Gemeinschaft und der übernatürlichen Welt. Oft wird die Therapie zu einer öffentlichen Angelegenheit da  soziale und spirituelle Aspekte einer Widerherstellung verloren gegangener Balance bedürfen weshalb in den meisten indigen Kulturen der Medizinmann  gleichzeitig Hüter der sozialen Ordnung ist. Bei den Nordamerikanischen Indianern sind die Heiler Medizinmänner, die über Kenntnisse von Mensch Natur und Kosmos verfügen die sie in heilende Rituale umsetzen. Bei den Afrikanern sind die Heilkundigen meist Fetischzauberer, Orakelpriester oder Witchdoctors  (Zulu: Izangoma). Geheime Magie wird zum Wohle aber auch zum Schaden (Fluch) eingesetzt. In Brasilien aber auch in Haiti werden Candomble Priester  aufgesucht. Der Priester hilft als Mittelmann zwischen dem Kranken und den Göttern. Oft verfallen sie dazu spontan in Trance ohne diese jedoch in irgendeiner Form lenken zu können. In Peru und Bolivien haben Sheripari (Schamanen) Zugang zu Aspekten und Sphären der Wirklichkeit, die anderen verborgen bleiben. Sie können in  Trance die Geistwesen der Natur und Herren der Tiere besuchen. Induziert durch Trommeln oder andere monotone Klänge „reisen“ sie in eine „Nichtalltägliche Wirklichkeit. In der "Unteren Welt" nimmt er Kontakt zu Krafttieren auf, die ihm das Wissen und die Heilkraft vermitteln, um im Alltag für sich selbst, andere und die Welt heilsam zu wirken. In Süd- und Mittelamerika ist das Erkrankungskonzept des „Susto“ weit verbreitet. Durch einen Schreck z.B. in Folge eines Unfalls kann es zu einem Seelenverlust des Kranken kommen was sich in schwerer Krankheit äußern kann. Die Aufgabe des Schamanen ist das Zurückrufen der Schattenseele durch Opfer an die Geister, die die Seele gefangen haben, Massagen, Bestreichen des Körpers mit rituellen Gegenständen und Pflanzen, Schwitzen bis hin zum erneuten Erschrecken des Kranken.

Da die Anforderungen an das „Menschsein“ in allen Kulturen sehr unterschiedlich sind, müssen auch  die örtlich angewendeten Therapieverfahren  unterschiedlich sein um dem gerecht zu werden was Menschen an Hilfestellung in ihrem Land benötigen.  Das CBS (Culturel bound Syndrom) beschreibt  Erkrankungen eines bestimmten Kulturkreis (Folk Illness). In einer technisch dominierten informationsüberfluteten Gesellschaft kann Stress (aber auch Anorexie und Übergewicht) als ein typisches CBS bezeichnet werden. Die schnelllebige ganz nach außen orientierte Gesellschaft fordert entsprechend kulturkonform zunächst eine rasche rational-technisch orientierte ebenfalls auf das äußerliche ausgerichtete Medizin. Leider begeht die moderne Medizin  den folgenschweren Fehler, sich über all die anderen Therapieformen hinweg zu erheben  und jahrtausende gereiftes Heilwissen dieses Planeten verächtlich vom Tisch zu wischen. Wir müssen einsehen, dass eine Medizin der Zukunft nur ganzheitlich unter Einbeziehung des  weltweit gereiften Erfahrungschatzes möglich ist – auch wenn sich diese Verfahren nicht nach den üblichen wissenschaftstechnischen  Methoden statistisch signifikant „beweisen“ lassen.

 

Opferzeremonien der Batak auf Sumatra

Angehörige der Volkgruppe der Batak auf Sumatra lassen bei schweren Erkrankungen einen „Datu“ (Medizinmann) kommen. Dieser erscheint in traditionellen Gewändern die ihm besondere Kraft verleihen sollen. Während einer Opferzeremonie wird aus den Eingeweiden eines Hahnes „gelesen“ (Hahnenorakel) während „Tabas“ (Zauberrezepturen) aus der Pustaha (heiligen „Rindenbüchern“) verabreicht werden. Während der Patient mit den Heilkräutern eingeräuchert wird bestreicht ihn der  Datu mit Hahnenblut während er mit murmelnden Zauberformeln die „Begu“ (bösen Geister) vertreibt. Der Patient ist geheilt.

 

Das Meerschweinchenritual von Lahuaytambo in Peru

In einem von den Inkas gegründetem Andendorf arbeiten Curanderos ( Heiler)noch heute mit dem „Meerschweinchenritual“ bei dem der Kranke wird mit einem lebenden „Meerschweinchen“ abgerieben wird bis die schlechte Energie nun auf das Tier übergegangen ist. Dann wird es aufgeschnitten und jedes Organ wird genau untersucht- wobei auffällige Organe die nun dem Patienten entwichene Krankheit anzeigen. Etwas Fett aus dem Tier wird verbrannt – verbrennt es mit grüner sprühender Flamme liegt eine Bucheria (Hexerei) vor und man hat es mit bösen Geistern zu tun.  In jedem Fall wird anschließend das tote Tier  weit außerhalb des Ortes wo es keinen Schaden mehr anrichten kann vergraben wobei die Oberfläche des Erdlochs nochmals mit Steinen gesichert wird. Der Patient ist geheilt.

 

Das Einfangen der verlorenen Seele bei den Kraho Indianern Zentralbrasiliens

Krahoindianer leben in einer Existenzgemeinschaft mit den Seelen der Toten, deren Seelen ihren Körper mitbewohnen und  ihm die nötige Kraft zum Leben geben. Entflieht die Seele wird der Indianer krank.

In so einem Fall kommt ein Heiler. Er dreht aus den Blättern der Piacabapalme eine tütenförmige Pfeife, zündet Tabak an und bläst den Rauch in seine Hände und auf den Patienten den er mit seinen Händen immer wieder abtastet. Stellt er fest, dass der Körper an mehren Stellen offen ist und sich die Seele nicht mehr im Körper befindet so muss er sich aufmachen um im Wald die verloren gegangene Seele wieder einzufangen und zum Körper zurückzuführen. Dazu vollzieht er ein Ritual an dessen Ende  mit viel Rauch und ungeheurer Symbolik die Seele wieder in den Patienten zurückgeführt wird.

 

Wenn Musik und Tänze zu Medizin werden

In sehr vielen Kulturen sind musikalische, rhythmische Lieder und Gesänge das Mittel der Schamanen um Kontakt mit Göttern, Geistern oder Ahnen herzustellen. Krankheit und Trauer wird nach den Konzepten vieler Völker durch unzufriedene umherirrende Ahnen und Geister der Verstorbenen hervorgerufen. Bei den Apachen in Arizona wird durch einen traditionellen Ritus, den Vogelgesängen, verhindert, dass nach dem Tod eines Stammesmitgliedes dessen umherirrende Seele emotionalen Besitz von einem Mitglied des Stammes ergreift. Ganawa Musiker aus Ghana und Mali führen die so genannte Leela-Zeremonie, eine nächtliche musikalische Heilzeremonie mit Trance Tänzen und Ganawi-Musik durch. Durch sie sollen Krankheitsgeister und andere Unheilbringende Geister vertrieben werden.

Das schamanische Phurba Heilritual in Nepal

Die Schamanen Nepals, die Dhamis und Jhankris lesen den Puls, weissagen aus Reiskörnern und begeben sich mit Trommeln auf Seelenreise um störende Ahnengeister, Schlangengötter und andere negative kosmische Kräfte zu vertreiben. Als zusätzliche Hilfsmittel verwenden sie u.a. eine spezielle Saug- bzw. Blasetechnik bei der sie krankheitserzeugende Einflüsse extrahieren und wegspucken oder aber den geschwächten Bereich durch dreimaliges Blasen auf z.B. die Stirn energetisch aufladen. Wichtigstes Utensil dabei ist  eine Phurba, ein geschnitztes Heilinstrument das als Symbol des höchsten Gottes Shiva das gesamte schamanische Weltbild repräsentiert. Begleitet von Heilgesängen und Mantras streicht der Dhamis den Phurba entlang der Schläfen, der Schulter und der Fußsohlen des Patienten. Dadurch werden die göttlichen Kräfte aktiviert und die mythische Vogel Garuda, der die Schlangenkräfte der Unterwelt bezwingen kann, zu Hilfe gerufen. Der Schamane ruft alle hilfreichen Kräfte an, ihn zu unterstützen. Schließlich verhandelt er in Trance mit den Schlangenkräften ein Opfer damit sie von dem Kranken ablassen. Es folgen Anordnungen und Richtlinien für das weitere Verhalten des Patienten.

 

Der schmerzbringende Ahnengeist der Igorot ( Philippinischer Bergstamm)

Mit einem magischen grünen Kiesel pendelt der Heiler aus, welcher der Ahnen

(Anito) vom Kranken „verletzt“ wurde. Um den gestörten Ahnen der für die Krankheit verantwortlich gemacht wird zu versöhnen werden drei Schweine rituell getötet und  zum Essen unter der Dorfbevölkerung verteilt. Anschließend erfolgt gemeinsam die „Leberschau“ um zu erkennen ob die Opfer angenommen wurden und der Kranke genesen können wird. Sind alle drei Gallenblasen prall gefüllt ist dies das erhoffte Zeichen und der Kranke ist erleichtert.

 

Die Pule – Heilung auf Hawaii

Nach der Lehre der Kahunas (Meister des verborgenen Wissens) sind Gedanken unsichtbare, reale kleine „Energie-Wesen“. Diese werden auf einem Strom von Vitalkraft (Mana) vom Schamanen zu dem Kranken getragen.

Das Einpflanzen starker Gedankenformen in das niedere Selbst des Empfängers geschieht durch Auflegen der Hände, durch Blicke oder durch den Klang der Stimme. Die Wirksamkeit ist abhängig von der Reinheit und der überlegenen Geistigkeit des aussendenden Schamanen, insbesondere aber seiner Vitalkraft. Durch die Auslösung eines plötzlichen Schock in Form eines unerwarteten lauten Schreies kommt es zu einer Vitalkraftentladung die vom niederen Selbst in heilender Form aufgenommen wird.

 

Amchi Medizin aus den Hochtälern Lhadaks

Der tibetische Amchi Arzt murmelt heilende  Mantras des Medizinbuddha Shaktiamoni während er auf einer Ingwerscheibe liegendes Moxakraut verbrennt. Das rhythmische Aneinanderreihen und Wiederholen heiliger Silben soll die gestörten Energieschwingungen des Patienten harmonisieren und auch negative Energien vertreiben. Mit diesem Ritual wird der feinstoffliche Körper mitbehandelt. Der Arzt visualisiert dabei den Medizinbuddha, dreht dabei eine mit einer heiligen Schriftrolle gefüllte Gebetstrommel und überträgt beim Rezitieren mit seinem Atem die göttliche Heilkraft auf den Energiekörper des Behandelten. Die Wirkung der tibetischen heilenden Rituale besonders bei schwerstkranken Kindern ist erstaunlich.

Inipi - die Schwitzhüttenzeremonie der Lakota                                              Das Inipi ist bei den Indianern Nordamerikas weit verbreitet und dient der zeremoniellen Reinigung , der physischen Gesunderhaltung und der Heilung bei Erkrankung. Das Inipi gehört zu den Sieben Riten der Heiligen Pfeife. Schwitzen und Beten sollen eine äußere und innere Reinigung und die Wiedervereinigung mit dem Geist bewirken, damit der Mensch neu geboren wird.

Tod und Geburt

Indigene Medizin betrachtet den Tod als Übergang und hat Rituale und Gebräuche entwickelt die eine Schmerzbewältigung für die Hinterbliebenen sowie eine Integration in das alltägliche Leben in der Gemeinschaft ermöglichen. Eine Stärkung und Wiederbestätigung alter Mythen die den Tod nicht als Endpunkt sonders als Übergangszustand deuten macht dabei Leben und Sterben leichter. Indigenes Naturverständnis mahnt auch die Geburt eines Menschen als  ein herausragendes Naturereignis an welchem mit großer Ehrfurcht und großem Respekt begegnet werden sollte. In einer Menschheitsepoche in der die dunklen Seiten der Technik und des Fortschritts unsere Welt zu zerstören drohen sind wir aus purer Angst und Obrigkeitsgläubigkeit inzwischen soweit gekommen dass 98 % aller Kinder (hier im Westen) im Krankenhaus zur Welt kommen. Dies ist unfassbar besonders in Anbetracht der Tatsache, daß nur bei 5 % (Risikoschwangerschaften) aller Geburten Krankenhaustechnik evt. nötig wäre. Hier ist jeder einzelne aufgefordert für sich eine Entscheidung zu treffen, die es letztlich dann dem Kind ermöglicht den ersten Impuls für die Einleitung der Geburt selbst zu setzen. ( statt Wehenmittel gemäß Dienstplan)  In dem Umdenken auf dem Gebiet der Geburtshilfe, zurück wieder zur naturgemäßen Geburt in Eigenverantwortung der Schwangeren besteht die Möglichkeit für uns alle, die natürliche Ordnung wieder herzustellen indem die nächste Generation selbstbestimmt und naturkonform  das Licht dieser Welt erblicken darf. Ein neues Zeitalter, ein von wiederkehrender Humanität bestimmtes neues Denken wird seinen Grundstein mit der Art der Natürlichkeit der Geburt legen.

 

„Gehst Du zwei Schritte auf die Natur zu, so kommt sie Dir vier Schritte entgegen“

 

Das erweiterte Bewußtsein

Dass bewusstseinsverändernde Drogen Einblicke in Parallelwelten liefern können, bezeugt auf besonders beeindruckende Weise die jahrtausende alte Tradition des Schamanismus, insbesondere im Zusammenhang mit der Einnahme von Ayahuasca bei schamanischen Ritualen. Ein Beleg dafür, dass es auch ohne Drogen geht, sind neben den Schamanen, die ohne halluzinogene Mittel arbeiten, die Erfahrungen der Mystiker aller Zeiten und Kontinente, denen es vergönnt war – religiös interpretiert aus Gnade, oder psychologisch verstanden als eine Art freiwilliger oder erzwungener sensorischer Deprivation –, in die Wirklichkeit hinter der „Wirklichkeit“ zu blicken.
Auch mittels bestimmter Formen der Meditation oder durch holotropes Atmen nach der Methode des transpersonalen Psychologen Stanislav Grof können außergewöhnliche Bewusstseinszustände erreicht werden.
Das spezifische Kennzeichen von außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen ist die Ausschaltung des Verstandes als dirigistische Kontrollinstanz. Unser Verstand ist ein unverzichtbares Mittel, um uns in der physischen Welt zu orientieren und zu behaupten. Wollen wir dagegen in die geistige Welt eintauchen, ist der Verstand als Kontrollbewusstsein ein unüberwindliches Hindernis, solange er regiert. Das einzige Mittel, ihn vorübergehend auszuschalten, ist der bedingungslose Verzicht auf Kontrolle, und das heißt Hingabe.
Bedingungslose Hingabe ist nur möglich, wenn man der Macht, der man sich hingibt, absolut vertraut. Hingabe in Vertrauen ist der Schlüssel, der das Tor zur geistigen Welt öffnet. Bewusstseinserweiternde Drogen können die Hingabe erzwingen, nicht aber das Vertrauen. Wer sich ohne Urvertrauen auf psychedelischem Wege durch die „himmlische Pforte“ schleichen will, wird im günstigsten Fall in Scheinwelten geführt und findet sich schlimmstenfalls auf einem Horrortripp wieder.

Die Überzeugungskraft des Heilers ist dabei in der Lage das Bewusstsein des Patienten zu verändern und in eine neue Richtung zu lenken. Indem er den Patienten in seinem tiefsten Inneren berüht löst er einen heilfindenden Impuls aus.  Die unterschiedlichen suggestiven Verfahren, so sie in den Lebenskontext und das Weltbild des Patienten integriert sind, initiieren eine Gewissheit der Fülle und der Verbundenheit mit Natur, Geistern und Ahnen. Das Gefühl des Geborgenseins, der Fülle und der wiedererinnerten  Einheit löst einen Heilungsprozess aus. Bewegende Rituale sind ebenso wie Tanz und Musik in allen Kulturen begleitende Wegbereiter zur Krankheitsbewältigung. Das Bild des Einflusses von Ahnengeistern als Auslöser von Krankheiten ist in vielen Kulturen sehr stark. Die positive psychologische Wirkung des Opferns zur Versöhnung der Ahnengeister durchdringt das Bewusstsein des Patienten und wird zu eine physischen Wirkung. Entscheidend ist dabei für uns nicht die Frage ob es Geister gibt oder nicht – dies darf jeder von seinem Standpunkt aus sehen wie er möchte - sondern einzig und allein das es gelingt kulturkonform ein neues suggestives Input zu geben von dem das Bewusstsein des Patienten und damit jede Zelle des Körpers überzeugt ist. Gleichzeitig trägt die kulturgebundene Bilderwelt  die Chance in sich mit Bildern und Symbolen  zur Einheit zurückzufinden. In der Rückbindung entsteht im Bewusstsein Heilung. Besser als die Weisheit der Vergangenheit und anderer Kulturen zu verwerfen, wäre es aus den ethnischen Traditionen zu lernen und daraus eine Weltanschauung zu entwickeln, die helfen kann, psychoemotionales Chaos zu ordnen und Traumata unterschiedlichster Genese besser zu verarbeiten.  In unserer Kultur ist das

„heile heile Segen“ sowie das „anpusten“ noch immer ein weit verbreitetes vertrauenschaffendes und damit wirksames Ritual. Jeder von uns hat sich bestimmt selbst schon einmal von der Wirksamkeit dieses Rituals überzeugt. Das neugeborene Baby eines lieben Freundes von mir bekam am 2. Lebenstag eine Sepsis mit schweren Hirnblutungen. Das Kind wurde aufgegeben, die Lebenszeit auf wenige Stunden vorhergesagt, die Eltern sollten sich verabschieden. Der Vater nahm es auf den Arm und wiegte es drei Tage ununterbrochen während er ihm alles gab was er an Liebe und Kraft in sich spürte. Das Kind überlebte und ist  heute ein 22 jahre junger Mann der glücklich sein selbständiges leben in einer betreuten wohnanlage gestaltet.Der vater bildet sich aufgrund der Erlebnisse und Erfahrungen in der indianischen Medizin aus, ließ sich von, initiierungen durch indianische Schamanen initiieren und  begleitet heute andere Menschen in der indianischen Lebensphilosophie und Medizin...

 

Auf den Punkt gebracht

Die vom Heiler ausgelösten Gefühle und Bilder  bauen im Bewusstsein des Patienten Vertrauen auf das ihm die sichere Gewissheit vermittelt im Heiler einen mächtigen Verbündeten  an seiner Seite zu haben. Er gewinnt die Überzeugung das der Heiler ihn sicher von der Krankheit befreit. Es kommt kulturspezifische Rituale zu einer Transformation der bisherigen Überzeugungen. Diese bewirken Heilung. Es liegt in unserer Hand wie weit wir es zulassen, dass auch unser eigener Glaube Berge versetzen kann.