Die Mitte

Wenn du spürst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du auch wenn du im größten Luxus lebst   nicht glücklich sein   Dalai Lama

Möglichkeiten eines ungewöhnlichen Lebens
Stellen wir uns einmal unser tiefstes inneres Zentrum als den Mittelpunkt einer Spirale vor.
Es ist der Bereich in uns der heil, vollständig und ganz ist. Aus dieser tiefsten Mitte heraus nährt sich unsere Lebensenergie,  strahlt unser Bewusstsein in unseren Geist, unsere Seele und unseren Körper. Je stabiler wir in dieser Mitte verankert sind umso größer ist unsere Freiheit das uns geschenkte Leben so zu führen wie wir es möchten.
Ob  äußeres Glück und Erfolg oder innere Einsicht, Erkenntnis und spirituelles Wachstum wir allein schaffen uns die Realität auf die wir unser Bewusstsein ausrichten.
Wirklich erfüllend und in der Nachschau lebenswert und wertvoll wird sie uns besonders dann erscheinen wenn es uns gelingt dieses Leben aus einer stabilen Mitte heraus zu leben.
Aus einem klaren Bewusstsein und Gewahrsein heraus werden wir eine Form der Freiheit erfahren die dem höchsten entspricht was sich ein Mensch auf der Ebene auf der er dieses Buch liest nur wünschen kann. Das Erfahren von Momenten der Freiheit ist gleichbedeutend mit dem Gefühl der Fülle und des Heil und mit allem verbunden seins  ohne das irgendetwas fehlt.
Ich selbst sehe mich in diesem Sinne als Rekonvaleszent, als Schritt für Schritt genesender auf dem Weg zur Heilung. Wissend, diese noch nicht erlangt zu haben stehe ich dazu mich in meiner Fehlbarkeit zu zeigen. Ich bin mir dabei meiner Angreifbarkeit bewusst aber ich habe das unwiderstehliche Gefühl einfach nicht warten zu können bis ich vielleicht irgendwann einmal ein „Erleuchteter“ sein sollte. Wie sagte doch Laotse: Wer wirklich weiß redet nicht…
Die Philosophen unseres Planeten haben sich zu allen Zeiten über die Frage des Glücks und der Sinnhaftigkeit des Lebens in allen Formen ausgelassen.
Ich möchte mich darauf beschränken das bislang selbst erfahrene zu diesem Thema leicht verständlich darlegen und nur das herausstellen was wir wirklich in unser tägliches Leben integrieren können. Verschiedene Sichtweisen aus verschiedenen Kulturen bieten uns unterschiedliche Antworten auf die Frage: Was ist die Wahrheit und was ist die Kraft dahinter. Und so ergeben sich verschiedene Wege zur Mitte. Wir können uns das herausziehen was sich für uns stimmig anfühlt. So kann es sein und das können wir tun.
Klar ist bei alledem. Wir unterschätzen uns und unsere Fähigkeiten in einem Ausmaß wie wir es selbst nicht für Möglich halten. Eine bunte Vielfalt von Anlagen und faszinierenden sich daraus ergebenden Möglichkeiten wartet nur darauf von uns entdeckt und zum Ausdruck gebracht zu werden. Es geht nur zu einem vergleichbar winzigen Teil darum unsere Vergangenheit aufzuarbeiten, endgültig anzunehmen und mit einem dich unterstrichenem „Basta !“ zu versehen. Vielmehr geht es darum uns auf der Grundlage unserer individuellen Potentiale völlig neu zu erfinden. Dazu hat uns  die Natur mit Werkzeugen ausgestattet. Diese sind mit den zwei Seiten einer Münze vergleichbar. Ein klares Bewusstsein führt uns über mehrere Ebenen in Einblicke in die Funktionsweise der Realität die wir nun anders wahrnehmen, erkennen und empfinden können.
„Wer versteht  kann  feste stehen und sicher gehen“
Mit der zweiten Seite der Münze können wir reflektieren, rational verstehen und schließlich aufstehen und verändern.
Verändern in einer Zeit wo wir wie selten zuvor mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert werden, die wir bewerten, aushalten und abwehren oder integrieren müssen. Wie unsichtbare Fäden beeinflussen die Einflüsse unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und Vitalität. Ähnlich der Arbeit eines Webers an seinem Webstuhl stellen wir  durch unsere sichtbaren und unsichtbaren Handlungen auf emotionaler, geistiger und damit auch körperlicher Ebene ein Gewebe her. Dieses können wir in der Festigkeit und Haltbarkeit als gesund oder ungesund und in der Farbkombination als harmonisch oder disharmonisch charakterisieren. Unsere Handlungen basieren auf Gedanken. Diese wiederum sind Ausdruck unseres Bewusstseins, mit dem wir das Gewebe der Realität  um uns herum schaffen. Nur allzu oft passiert es, dass wir uns in „falsche“ Gedanken verwickeln die uns aus unserer Mitte herausreißen. Einer unsichtbaren Regenerationskraft haben wir es zu verdanken, dass unser System in solchen Fällen mit Signalen und Symptomen reagiert, so als wolle es uns rechtzeitig auffordern hinzuschauen und aufzustehen. Jeder von uns steht ständig vor der Herausforderung bewusst die Dinge und Situationen anzunehmen oder sie aktiv zu verändern. Alles ist veränderbar. Es fordert uns auf aus der Verwicklung in die Entwicklung zu gehen. Da die Botschaft hinter diesen Signalen meist verschlüsselt  ist, geht man noch heute in Tibet zum Arzt, Lama oder Orakel „um zu fragen“. Das Aufsuchen eines „Weisen“ einer intuitiv starken Persönlichkeit und die Befolgung seiner vorausschauenden Botschaften ist auch in der heutigen Zeit ein nützlicher Weg unsere Lebensumstände bewusster und klarer  zu sehen ums so aus dem Nebel ins Licht zu gelangen.


Wo einseitig-wissenschaftliche Lösungswege nicht hinreichen sind wir gefordert mit Intuition und Verständnis das Wissen der Zeiten und Kulturen zu integrieren.


Wollen wir gesund und glücklich leben liegt es an uns wie achtsam und bewusst wir unsere Gedanken und Handlungen wahrnehmen und steuern. Da in unserm Überlebenscomputer noch immer für die heutige Zeit unvorteilhafte Subprogramme aus der Steinzeit  aktiv sind, müssen wir uns  immer wieder mit unseren eigenen Wahrheiten und Überzeugungen bewusster auseinandersetzen. Hinschauen, Verstehen und Verändern.  Die Geschichte unseres Planeten hat mit dem fernöstlichen Weisheitsschatz ein tiefes Wissen rund um das Menschsein hervorgebracht das unser Denken, Fühlen und Erkennen heute um wertvolle Elemente bereichern kann.

Ich möchte ihnen in diesem Buch Möglichkeiten und Wege aufzeichnen die es ihnen ermöglichen  ihre Alltagssituationen anders wahrzunehmen  und dann zu verändern in einer Weise die ihnen  entspricht und ihnen das sichere Gefühl gibt auf dem richtigen Weg zu sein. Ich möchte ihnen zu dem Bewusstsein verhelfen, dass sie über ungeahnte Kräfte verfügen die  sie in die Lage versetzen  ihr Leben weitaus faszinierender und begeisternder zu gestalten als sie es jemals für möglich gehalten haben.

Die asiatischen Weisheiten geben uns Hilfestellung indem sie uns nicht nur aufzeigen  wie wir uns von Krankheit und Leid befreien können sondern vor allem was wir tun können um unserm Leben mehr Gelassenheit, Heiterkeit und Lebenskraft zu verleihen. Die Fülle eines „Glückspilz-Bewußtseins“ zeigt uns wie wir konkret beglückende Veränderungen in unserem Leben hervorrufen können.

Diese Medizin will inspirieren und motivieren neue Wege zu beschreiten um so die Vergangenheit zu verändern und zu heilen um damit eine neue gesunde Zukunft möglich zu machen. Für meine ärztliche Tätigkeit ist diese Form der lebensordnenden Gesprächstherapie seit 15 Jahren eine unverzichtbare Bereicherung. Sie ist eine Form der Medizin die an den wirklichen Wurzeln ansetzt und den Anspruch auf ganzheitliche
Hinführung zur Heilung auch erfüllt.

Es gibt so viele Wege zur Mitte wie es Philosophen, Mystiker und Menschen gibt.
An jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt sind die Anforderungen an das Menschsein jedes einzelnen unterschiedlich und erfordern andere Wege.

Halte ein, wenn es Zeit ist, innezuhalten! Handle, wenn es Zeit ist zu handeln. Ein Mann erzielt ruhmreiche Fortschritte, wenn er jeweils zur rechten Zeit einhält und handelt.

Auf dem geschilderten Streifzug durch die Kulturen und Zeiten stelle ich Ihnen lieber Leser einige der Aspekte vor, die mich selbst an den Wendepunkten meines eigenen Lebens zu den verschiedenen Zeiten hilfreich inspiriert haben.  Aus der Vielzahl der Möglichkeiten und Sichtweisen wende ich bei meinen Behandlungen jeweils diejenigen an die mir zu dem Patienten als passend erscheinen. In den hier zitierten Beispielen und Sichtweisen verwende ich bewusst unterschiedliche Ausdrücke für ein und das Selbe um sie so auf unterschiedlichen Ebenen mit unterschiedlichen Bildern verständlich anzusprechen.
(Da es spezifische kulturgebundene Begrifflichkeiten gibt, möchte ich diese nicht durch Vereinheitlichung verzerren. Daher mögen sie mir die unterschiedlichen Begriffe für ein und das Selbe nachsehen.) Dabei möchte ich neben den verschiedenen Sichtweisen das universelle, den stets gleichen Kern der spirituellen östlichen Traditionen und Religionen spürbar werden lassen.

Die „gesunde Krankheit“ als Wegweiser zur Mitte
Was wissen wir von Goethe über Krankheit und das Zurückgewinnen der Mitte
Goethe war zeitlebens ein sehr kranker und oftmals äußerst depressiv verstimmter Mensch.
Von der lebensbedrohenden Geburt bis zum Tod durch Herzinfarkt war sein Leben geprägt von zahlreichen schweren Krankheiten Sechsmal allein rang er mit dem Tod, entkam ihm aber jedes Mal indem er sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf herauszog.

Seine Einstellung zum Tod, seine Überwindung der Todesangst und sein tief überzeugender, Hoffnung und Lebenskraft weckender Unsterblichkeitsglaube begleiteten ihn durch sein Leben. Und dennoch, für ihn war Krankheit etwas Gesundes denn Krankheit bot ihm die Chance sich selbst in eindringlicher sonst eher für ihn unbekannter Weise zu spüren. Sie öffnete dadurch Möglichkeiten über sich selbst hinauszuwachsen, eine Chance wie er sagte zur Selbstveredelung. Krankheit war etwas fruchtbares, lebensdienliches, etwas das dabei half frischen Wind ins Leben zu bringen, hilfreiche Zeit der Muße um sich wieder auf die Mitte zu besinnen.
Bewusstmachung und Läuterung waren seine Geheimrezepte. „Damit die eigene Natur nicht erstarre fordert sie Veränderung, Häutung und Metamorphose, Stirb und Werde“ war für ihn ein Grundgesetz. Das Leidens verleiht dem Leben einen Sinn. („der Mensch der nicht geschunden wird, wird nicht erzogen“, Leiden gibt dem Gemüt doppeltes Streben und Kraft“, Unglück bildet den Menschen und zwingt ihn sich selbst zu erkennen“ ) Die Jahre seiner schwereren Krankheiten  wurden für ihn zu Lehrjahren der Lebenskunst und Herzensbildung.

Die kreative Potenz einer gesunden Depression
Seelisches Leiden hat er als Ansporn zur Selbstbesinnung genutzt, als Impuls, sich auf sich selbst zurückzuziehen und sein Leben, sein Wesen zu deuten. Selbst Depressionen bezeichnete er als heilsam, fruchtbar und zur Mitte weisend. Sogar über ihre kreative Potenz ließ er sich mehrfach aus.

Krank durch mangelnde Lebenssorgfalt
Unmäßigkeit, untugendhaftes Verhalten, naturwidriger Lebensstil, körperliche Trägheit waren für ihn selbst gestrickte Seuchen. Abweichungen vom eigenen inneren Lebensplan, innerer Stillstand und Sinnentfremdung, eine dem innerem Wachstumsgesetz feindliche Lebensweise waren für ihn Hauptgründe aus der Mitte zu geraten und Lebenskrisen zu provozieren.
Als inneren Nährboden für Krankheitsentwicklung hatte Goethe jedoch den Geist der Unordnung erkannt. Feindselige und negativ Destruktive Gedanken sind vor allem dann selbst zerstörerisch wenn sie mit mangelnder Selbsterkenntnis und mangelnder Selbstkritik sowie mit schrankenlosen Projektionen des eigenen unbewussten seelischen Chaos in die Umwelt gepaart sind. Bedeutet, wenn wir unseren Schatten permanent außen bekämpfen statt ihn endlich in uns selbst bewusst zu machen werden wir krankheitsanfällig. Solches Fehlverhalten: Schattenverleugnung und Projektion führt bekanntlich im Großen zu Krieg, im kleinen individuellen Rahmen zu jenem seelischen Bürgerkrieg den wir Krankheit nennen.
Krankheit als sinnvoll Gesandtes, als Ferment zur Bewusstseinserweiterung und als Medium zur Stärkung und Veredelung der Persönlichkeit. Dieses Grundmotiv Goethischer Krankheitsbetrachtung steht in schroffem Gegensatz zur üblichen medizintechnischem Konzept der Krankheit als einer zufälligen und lästigen Betriebsstörung des Organismus.

Goethes unpopulärere Botschaft lautet: Wenn du nicht bereit bist dein Leben zu verändern kann dir nicht geholfen werden. Die wirksamste Quelle Goethescher Selbstheilungspotenz ist seine kreative Gestaltungskraft, seine stets obsiegende Heiterkeit und seine uneingeschränkte Lebensbejahung und Leidenschaft, der Welt immer wieder eine ihn selbst begeisternde Mitteilung zuteil werden zu lassen bzw. aufdrängen zu wollen.


Kapitel 1
Die Mitte fühlt sich leicht an
Halte ein, wenn es Zeit ist, innezuhalten! Handle, wenn es Zeit ist zu handeln. Ein Mann erzielt ruhmreiche Fortschritte, wenn er jeweils zur rechten Zeit einhält und handelt.  I Ging

Die Mitte steht für das innerste im Menschen. Es ist der Bereich in uns der heil, vollständig und ganz ist. Aus der Mitte heraus entsteht mit dem Eintritt in das Leben die Polarität aus Yin und Yang.  Aus deren Zusammenspiel entwickeln sich die 5 Elemente und daraus dann alle anderen Dinge. Aus dieser Mitte heraus nährt sich unsere Lebenskraft (Nüspa),  strahlt unser Bewusstsein in unseren Geist, unsere Seele und unseren Körper. Ist Nüspa  stark und fließt gleichmäßig ist der Mensch in seinem Element, in seiner Kraft ist er stabil in seiner Mitte. Diese fühlt sich in jeder Lebensphase anderes an, steht anderen Herausforderungen gegenüber und entfaltet sich je nach Anlage und Konstitution in jedem Menschen in unterschiedlich geartetem Ausdruck.

So beginnen wir unser Leben und entwickeln uns hungrig nach Erfahrungen nicht nur körperlich sondern auch geistig und seelisch immer weiter. Das wir aufhören zu wachsen sobald wir erwachsen sind wäre – wie ein Philosoph treffend bemerkte- eine barbarische Ignoranz des menschlichen Potentials. So wie im winzigen Samenkorn z.b. einer Eiche bereits deren kompletter Bauplan gemäß der Information „Eiche“ enthalten ist, entfaltet sie ihr Potential stetig und wird mehr und mehr zu dem was sie werden soll. Sie hat ihren Platz in der Natur gefunden, hat sich gegen Mitbewerber durchgesetzt und füllt nun diesen Platz aus in dem sie das Beste aus sich in der vollkommensten nur möglichen Weise zur Entfaltung bringt.
Ebenso wie unser Körper wächst und sich auch weiter verändert so erfährt auch das Bewusstsein vom ersten Augenblick an ein ständiges Wachstum und unterliegt ständiger Veränderung. So wird das Bewusstsein der ersten Lebenshälfte von einer besonderen Qualität von Wachstum geprägt. Grenzenlose Energie, Tatkraft und Zielbewusstsein stehen ganz vorne. Sehnsüchte nach Grenzerfahrungen körperlicher Art in Form sportlicher Höchstleistungen können das Bewusstsein überragen. Oder es sind Ziele die auf Karriere,  Geld, Macht und Einfluss ausgerichtet sind. All dies ist gut so und soll so sein. Das was hervortritt und nach Ausdruck verlangt ist das Yang, das urtümlich maskuline Prinzip. So wie wir mit der Geburt in die Polarität der Dinge eintreten, so wissen wir das alles zwei Seiten hat, die beide gelebt werden wollen. Dies führt unweigerlich dazu dass in der zweiten Lebenshälfte nicht mehr das maskuline sondern das feminine Prinzip die weitere Entwicklung des Bewusstseins dominiert. Dies trifft für Männer gleichermaßen wie für Frauen zu. Klar ist dabei, das Männer sich in der ersten Lebenshälfte meist leichter tun, da sie natürlicherweise mit dem maskulinen Prinzip vertrauter sind. Dies dreht sich nach der Lebensmitte jedoch um. Hier in der Phase des Erdelements dürfen sich die meisten Menschen durch die Auseinandersetzung mit ihren Kindern noch einmal mit sich selbst beschäftigen in dem sie ganz automatisch Teile ihrer eigenen Kindheit noch mal erleben. Ab jetzt beginnt eine neue Form der Bewusstheit Fuß zu fassen. Dinge werden mit ganz anderen Augen gesehen und die Endlichkeit der eigenen Existenz wird deutlicher. In den mittleren Jahre des Lebens sind wir wie  C.G.Jung es beschreibt mit einer Krise konfrontiert, die eine radikale Richtungsänderung verlangt. Bestimmte Züge die seit der Kindheit schlummerten tauchen nun wieder auf. Früher dominierende Interessen werden schwächer und andere drängen hervor. Bisherige Überzeugungen verlieren ihre Kraft und ein neuer Sinn und eine neue Richtung werden gefordert.

Das Leben als Fußballspiel
„Alles hat seine Zeit“ (Prediger, Bibel) Umstände stellen sich immer wieder anders da und unser Körper reagiert je nach Konstitution, Alter und Lebenszyklus an. Immer wieder sind es andere Faktoren die unsere Mitte bedrohen und sie stören können.
Stellen wir uns einmal vor das Leben gleicht einem Fußballspiel. Dieses Spiel hat genau definierte Spiel- und Ordnungsregeln. Man spielt mit seiner Mannschaft zunächst in eine Richtung. Man braucht seine Mitspieler, spielt sich gegenseitig Bälle zu, schaut umsichtig zurück ebenso wie man weitsichtig auch den Gegner nicht aus den Augen verliert.  Nun gehört zu jedem Spiel auch eine Halbzeit. Exakt nach der Hälfte der Spielzeit müssen die Mannschaften das Feld tauschen also die Spielfeldrichtung wechseln. Wer sich dieser Regel nicht unterordnet und dennoch weiter in dieselbe Richtung spielt…. wird Eigentore schießen und damit häufiges Pfeifen des Schiedsrichters und Missmut unter den Mitspielern auslösen. Die Situation wird zunehmend unangenehmer. Auf das Leben übertragen heißt dies, wer in der 2. Lebenshälfte die gleichen Maßstäbe an das Leben anlegt wie in der ersten Hälfte wird ebenfalls Eigentore schießen. Es wird zu einer Häufung von Krankheiten oder Schicksalsschlägen kommen so als wolle auch hier ein Spielleiter mit lauten Pfiffen zur Umkehr – zurück zur Mitte - aufrufen.
Was bedeutet dies für uns. Stellen Sie sich einen großen Kreis mit einem Punkt in der Mitte vor. Aus dieser Mitte heraus entsteht unser Leben. In der ersten Lebenshälfte leben wir expansiv und gehen dynamisch motiviert aus der Mitte heraus in die Peripherie.  Es scheint als würde der Auftrag lauten: Geh raus und lebe wild und gefährlich, probiere Dinge aus und lebe dich nach allen Kräften aus. Kämpfe, lebe Deine Sehnsüchte und Leidenschaften, tauche ein in die Tiefen der Materie, folge den Verlockungen des Geldverdienens und behaupte dich im Streben um Macht und Einfluss. Doch wenn die Halbzeitglocke klingelt dann ändere die Richtung. Jetzt lautet die eindringliche Aufforderung: „Zurück zur Mitte“. Spätestens jetzt geht es nicht mehr um die Quantität sondern um die Qualität dessen was wir erleben.  Es geht nicht mehr darum was wir alles schaffen sondern darum wie wir uns eigentlich wirklich fühlen hinter dem was wir da machen. Was ist es wirklich was uns erfüllt, was uns nährt und uns spüren lässt, das wir lebendig sind. Wo widersetze ich mich nicht fremdbestimmter gesellschaftlicher Standards (z.B. das Auto, das Haus, die Fernreise).Spätestens jetzt geht es darum neue tiefere Fragen zu stellen: Was will ich wirklich mit dieser zweiten Lebenshälfte anfangen, was ist da noch Verborgenes und Unentdecktes  in mir das sich entfalten will. Was ist der Sinn meines Seins hier auf diesem Planeten. Was sind die Dinge die wirklich ein „Juchhu Gefühl“ in mir auslösen und mein Herz zum Lachen bringen. Wo verlebe ich meine Leben mit Dingen die  ich eigentlich gar nicht will, wo ich als Roboter meiner Programmierungen und Erwartungen anderer mich verbiege. Wo treiben mich weiter alte Gewohnheiten durch das Leben, wo versagt mir der Mut eingefahrene Bahnen zu verlassen. Welche Ängste lähmen mich das zu tun was ich  tun muss. Zurück zur Mitte bedeutet sich den wirklich wichtigen Sinnfragen zu stellen und aktiv Antworten zu suchen ohne dabei aber den Augenblick zu vergessen. Im Augenblick entfaltet sich das  Leben. Gelingt es uns Sinne bewusster wahrzunehmen, das Gras unter den Füßen zu spüren und die

Kümmere Dich jetzt um Deine Herzensangelegenheiten damit es später nicht der Herzchirurg für dich tun muß !

D.G. Jung sagte einmal, ein Mensch, der mit 40 (für ihn die Lebensmitte) die Spiritualität nicht gefunden hat und immer noch nach mehr Ansehen, Geld und Macht strebt ist arm dran – wer sie mit 20 jedoch bereits gefunden hat ist….. verloren. Er will damit zum Ausdruck bringen, dass wir einem Polaritätsgesetz unterliegen das seinen Tribut fordert und ich stimme ihm zu. Erst wenn wir uns der Materie in all ihren wichtigsten Facetten gestellt habe, können wir die andere Seite entdecken und schätzen lernen. Verwehren wir uns diese Erfahrung indem wir gleich ins Ashram nach Indien gehen, so kann es uns leicht passieren, dass wir den Boden unter den Füßen verlieren und den Halt nicht wieder finden. Es umgekehrt dann in der 2. Lebenshälfte zu versuchen ist bekanntlich nicht mehr so  einfach. Dies erklärt auch warum immer mehr asiatische  Mönche die in den Westen kommen nachdem sie 20 oder 30 Jahre in Klöstern zugebracht haben nun auch fasziniert sind von der Welt der Uhren, Schuhen, feinen Kleidern Handys und Fernsehern und nun auch ein Anrecht darauf verspüren diese Seite des Lebens kennen zu lernen. ( Buddhismus hin oder her…)

Von den großen Lebensübergängen verlangt einzig die Lebensmitte wirkliche Umkehr im Lebensrad. Alle anderen sind Neuorientierungen auf dem Weg- die große Richtung bleibt.
Wir sind und wir können weitaus mehr als wir es bisher für möglich gehalten haben.
Jetzt ist die Zeit die uns gegebenen Potentiale zu entfalten. Was wir brauchen ist Bewusstsein, Mut und Disziplin

Zurück zur Mitte ist der Weg zum tiefsten inneren unseres Seins, zu dem Bereich in uns der heil, vollständig und ganz ist. Aus seiner Mitte heraus nährt sich unsere Lebenskraft,  strahlt unser Bewusstsein in unseren Geist, unsere Seele und unseren Körper. Aus einem Bewusstsein der Fülle heraus können wir zum Schöpfer einer neuen faszinierenden Realität werden. Denn eines ist klar. Wir leben das uns gegebene Leben nur zum Teil. Durch den wachsenden Kontakt mit einst fremden Kulturen, neue Entdeckungen über die Tiefen unseres Unterbwußtseins und die sich langsamen durchsetzende Erkenntnis, dass jede soziale Gruppe bestimmte menschliche Eigenschaften verstärkt, während sie andere vernachlässigt oder unterdrückt, hat sich ein globales Verständnis dafür entwickelt, dass wir alle über weit größeres Wachstumspotential verfügen  als wir es bisher für möglich gehalten haben. Unsere sensomotorischen, kinästhetischen, telepatischen und metaphysischen Fähigkeiten schlummern bei den meisten von unbeachtet im System. Dazu kommt das wir auch unsere kognitiven Fähigkeiten und unsere enorme Geisteskraft zur Steuerung unserer Realität nur stümperhaft und völlig undiszipliniert einsetzen.

Halte ein, wenn es Zeit ist, innezuhalten! Handle, wenn es Zeit ist zu handeln. Ein Mann erzielt ruhmreiche Fortschritte, wenn er jeweils zur rechten Zeit einhält und handelt.

Von der Ohnmacht zur Macht
Die erste Lebenshälfte ist mit einem Berg vergleichbar den jeder Mensch zunächst heraufgetrieben wird. Nach der ersten Hälfte erreicht er den Gipfel des Berges und sieht wenn er auf der anderen Seite hinunterschaut zunächst nichts anderes als den Tod der gierig auf ihn wartet. Auf den ersten Blick ist kein weiterer Gipfel mehr zu erobern, es scheint auch weit und breit kein Weg der herunterführt. Nicht nur die Zukunft erscheint sinnlos, sondern auch die Vergangenheit verliert an Bedeutung. Der frühere Kampf, den Berg zu erklimmen erscheint als totale Energieverschwendung, sinnlose Mühe. Es bleibt scheinbar nichts mehr zu tun, als dem Tod entgegen zu stolpern. Die Zeit wird plötzlich endlich, die Jugend erscheint unbedeutend und kindisch im Vergleich zu dieser endgültigen Gewissheit. Dennoch, der bewusst durchlebte Schmerz und das Leid das in uns entsteht wenn wir das erste mal und dann immer wieder in den Abgrund schauen ist notwendig und heilsam zugleich ( so wir uns dem Schmerz stellen und nicht die Augen verschließen) . Denn aus ihm heraus erwächst wie ein Schmetterling aus einem Kokon ein neuer Sinn eine neue Richtung im Leben.
In der zweiten Lebenshälfte bestimmt nun mehr was feminine empfangende Yin Prinzip unser Leben. Das alte, die Quantität des Geschaffenen nimmt zu Gunsten einer neuen Qualität ab. Wir werden bewusster und achten mehr auf unsere Gefühle und das was uns wirklich nährt. Der Kern des Yin steht für das Bewusstsein, die Wahrnehmung dessen was wirklich ist. Jetzt können wir den Schleier der Täuschungen überwinden und das unermessliche Potential unserer menschlichen Fähigkeiten erblicken, erfahren und verstehen. Das Leben gibt uns nun die wunderbare Chance

Kontemplation und Askese
„ Man muss die Wüste durchqueren und in ihr verweilen, um die Mitte  zu spüren. Dort treibt man alles aus sich heraus was inzwischen überflüssig geworden ist. Die Seele braucht diese Stille, diese Sammlung, dieses Vergessen alles geschaffenen“
Graf Dürkheim
Ähnlich dem Verhalten vieler Tiere, die sich bei Krankheit aus der sozialen Gemeinschaft lösen um in der Einsamkeit die Wunden zu lecken und neue Kräfte zu sammeln, so spricht doch vieles dafür, dass auch beim Menschen ein immenser heilender Effekt von der Stille in der Zurückgezogenheit ausgeht.
Getrieben von den Zwängen des Alltags, Überschwemmt von einer Springflut an Worten, Informationen und Gedanken, überschallt vom Lärm unserer Umwelt werden wir zunehmend taub, für das was in uns selbst vorgeht. Wir rasen durch das Leben und vergessen dabei unsere Seele die mit größter Mühe hinter uns her keucht. Was uns fehlt sind von Zeit zu Zeit lebensnotwendige Inseln der Stille und Kontemplation, die es uns ermöglichen einmal stehen zu bleiben, um unsere Seele wieder in uns aufzunehmen und in Kontakt mit ihr zu treten.

Die Muße ist der Humus des Geistes    Socrates


Das kuriose ist das die meisten Menschen ihr Leben leben ohne auch nur die Möglichkeit solcher Wandlung zu kennen Vollkommen unvorbereitet treten sie die Reise in die zweite Hälfte des Lebens an. Noch gibt es keine Schulen für fünfzigjährig die sie auf ihr künftiges Leben und deren Erfordernisse vorbereiten. Unvorbereitet und  unter der falschen Annahme, dass die bisherigen Überzeugungen, Ideal und Wahrheiten weiter wie bisher gültig  sind und ihnen helfen versuchen sie den Lebensnachmittag wie den Lebensmorgen zu leben. Da sich im Laufe des Tages jedoch alles verändert ist das was am Morgen groß war am Abend klein und das was am Morgen wahr war ist am Abend zu einem Irrtum geworden.

Das Wesen der Wirklichkeit
Wir müssen nun lernen zu akzeptieren dass es viele verschiedene Stadien im Leben gibt und das jedes andere Aufgaben, Vor und Nachteile mit sich bringt. Näheres dazu werden wir später unter dem Gesichtspunkt des Wandlungszyklusses der 5 Elemente im Detail besprechen. Nur wenn wir diese Erkenntnis der ewig währenden Wandlung und der unterschiedlichen Lebensphasen in denen jeweils andere Themen dran sind als richtig erfühlen und so bewusst annehmen können wir das spezifische Seelenleid der zweiten Hälfte vermeiden.

Wir erkennen neue Kräfte in uns und erkennen den Fluss des Lebens, das Gesetz der Wandlung an. In dem Augenblick in dem wir mit dem Abstieg vom Berg einverstanden sind und dem Unabänderlichen zustimmen verliert der Abgrund seinen Schrecken, wir erkennen plötzlich klare Weg und sehen unten einen wundervollen  Ozean leuchten.
Die Mitte
Es ist ein Zustand des Friedens,
in dem ich vollkommen ruhig bin,
in dem mein Körper, Geist, Herz und Seele entspannen.
Es ist ein Zustand,in dem ich keine Angst kenne.
Es ist ein Zustand der Vergebung. Es ist ein Zustand, aus dem Liebe ungehindert fliesst. Es ist ein Zustand innerer Klarheit, in dem ich die Wahrheit erfahre. Es ist ein Zustand, in dem ich fähig bin, die Wahrheit zu sagen, ohne Furcht vor Urteil oder Zurückweisung. Es ist ein Zustand, in dem mein Egobewusstsein still ist. Es ist ein Zustand, in dem ich weiss,
dass die Tiefe meines Seins eins ist mit der aller anderen bewussten Wesen. Es ist mein liebster Bewusstseinszustand

Der Geist ohne Grenzen
Nach der Zeit des Innehaltens beginnt die Zeit eines neuen Aufstiegs. Nun jedoch mit einem anderen Geisteszustand und mit einer neuen Gefühlslage erkennen wir dass der Weg vor uns auch ein spannender Aufstieg in höhere Formen des Bewusstseins und der Erkenntnis werden kann. Die Kraft des urweiblichen Ying Prinzips steht uns nun helfend zur Seite. Sie sucht nach Ausgleich zwischen Ying und Yang, zwischen männlichem und Weiblichen zwischen Himmel und Erde. Während Unausgeglichenheit und Einseitigkeit die erste Hälfte der meisten Menschen auf diesem Planteten zu allen Zeiten dominierten, erfährt das System nun die Chance zum Ausgleich. Ying und Yang können wieder zu einem gleichberechtigten Ganzen aus dem heraus sie bei Geburt kamen zurückgeführt werden. Ergreift man bewusst die Gelegenheit führt dies zu einer immer stärker werdenden Mitte.
Sind wir im Einklang mit uns Selbst ist unsere Mitte stark und wir entsprechen dem Gesetz des Tao, des ewigen Lebens.
Dabei haben Frauen es etwas einfacher als Männer. Die feminine Tendenz zur Ganzheit, zur Verbindung zwischen den Dingen führt zu einer bisher sehr schwer vorstellbaren Offenheit gegenüber  Schönheit und Harmonie. Gleichzeitig entwickelt sich ein Bedürfnis nach spirituellen Wahrheiten und damit die Suche nach Antworten.
Es erfordert dennoch Mut und Kraft dieses neue Selbst zu entdecken. Aber die beschriebene innerliche natürliche Tendenz nicht mehr Erfolge in den Mittelpunkt zu stellen sondern die Mitte selbst als das neue Ziel zu definieren hilft uns in das neue Feld der wahrhaft unbegrenzten Möglichkeiten zu erschließen. Mit 66 fängt das Leben erst richtig an… doch nicht Fernsehen und Kegeln ist hiermit gemeint sondern spätestens jetzt kann man endlich frei von materiellen Zwängen und Konditionierungen an das rangehen was ich als den Sinn der  Evolution überhaupt bezeichnen möchte. Eine neue Form der Erfüllung in ideeller Nahrung in Form von Erkenntnissen über die eigene menschliche Potenz darf das Leben erfüllen. Wagen wir einen Blick in die nächsten Jahrhunderte, so bin ich überzeugt davon, das die Menschheit nach vielen lehrreichen Rückschlägen an einen Punkt kommen wird wo sie die untrennbare Verbundenheit jedes Indiviuums begriffen und umgesetzt hat und das es unsinnig ist mit Verteilungskämpfen dem anderen etwas wegnehmen zu wollen. Alles wird für jeden in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, sodaß es auch Geld in der jetzigen Form nicht mehr die Bedeutung hat. Die Technik wird uns  Zeit schenken wie wir sie nie zuvor hatten.  Wir werden die Gewissheit erlangen, das uns materielle Dinge nicht wirklich weiterbringen oder gar befriedigen. Wir werden anerkennen das es nur die ideellen Dinge sind und das wirkliche Erfahren neuer Erkenntnisse das ist was  uns auf Dauer wirklich  befriedigen kann.